Der Antrag eines im Ausland ansässigen Unternehmens auf Vergütung
der Vorsteuer aus einer Anzahlungsrechnung hat auch dann Erfolg, wenn der
Unternehmer nur die Schlussrechnung, nicht aber die Anzahlungsrechnung
beigefügt hat, jedoch die Anzahlungsrechnung, die Anzahlung selbst sowie die
Schlussrechnung denselben Vergütungszeitraum betreffen. Das für die Vergütung
der Vorsteuer zuständige Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) kann dann nämlich
den Anspruch auf Vergütung der Vorsteuer aus der Anzahlungsrechnung inhaltlich
überprüfen.
Hintergrund: Ein im Ausland
ansässiger Unternehmer, dem Umsatzsteuer in einer deutschen Rechnung berechnet
worden ist, kann die Vergütung dieser Umsatzsteuer als Vorsteuer beantragen.
Hierzu muss der Unternehmer bis zum 30.9. des Folgejahres einen entsprechenden
Antrag beim BZSt stellen und die erforderlichen Angaben zu den einzelnen
Rechnungen machen und die Rechnungen auch beifügen.
Sachverhalt: Klägerin war eine
österreichische Kapitalgesellschaft, die für zwei Leistungen deutscher
Unternehmen Umsatzsteuer gezahlt hatte. Die deutschen Unternehmen hatten
jeweils eine Anzahlungsrechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis und
anschließend jeweils eine Schlussrechnung erstellt, in der dann die Anzahlung
mit Umsatzsteuer von der jeweiligen Schlusssumme abgezogen wurde. Die Klägerin
beantragte beim BZSt im Juni 2018 die Vergütung der von ihr an die deutschen
Unternehmer gezahlten Umsatzsteuern im Rahmen eines Vorsteuervergütungsantrags
für den Zeitraum Januar bis Dezember 2017. Sie gab in ihrem Antrag nur die
beiden Schlussrechnungen an, nicht aber auch die beiden Anzahlungsrechnungen.
Zudem reichte sie auch nur die beiden Schlussrechnungen ein, nicht aber auch
die beiden Anzahlungsrechnungen. Das BZSt vergütete die Vorsteuer nur, soweit
sie sich aus den Abschlusszahlungen der beiden Endrechnungen ergab, nicht aber
die Vorsteuer, die sich aus den Anzahlungsrechnungen ergab.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
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Zwar war der Vergütungsantrag der Klägerin
formell nicht fehlerfrei. Denn die Klägerin
hatte weder die beiden Anzahlungsrechnungen benannt, noch hatte sie die beiden
Anzahlungsrechnungen beigefügt. -
Der Vergütungsantrag war dennoch
vollständig, weil sowohl die Anzahlungsrechnungen als auch
die eigentlichen Anzahlungen und die beiden Schlussrechnungen im
Vergütungszeitraum Januar bis Dezember 2017 angefallen waren. Damit war das
BZSt in der Lage, den Vergütungsanspruch materiell-rechtlich, d.h. inhaltlich,
zu überprüfen. -
Nach den umsatzsteuerlichen Grundsätzen der Neutralität und
Verhältnismäßigkeit dürfen allein formelle Fehler wie z.B. die fehlende
Benennung und Beifügung der Anzahlungsrechnungen nicht zur Versagung des
Vorsteuerabzugs bzw. der Vergütung der Vorsteuer führen.
Hinweise: Der BFH stellt klar,
dass das materielle Recht bedeutsamer ist als das formelle
Recht. Denn das Recht auf Vorsteuerabzug, zu dem auch der
Vergütungsanspruch gehört, ist ein integraler Bestandteil des Mechanismus der
Umsatzsteuer und darf grundsätzlich nicht eingeschränkt werden.
Für die Praxis empfiehlt es sich trotz des erfreulichen Urteils,
die zahlreichen Formalien im Umsatzsteuerrecht zu beachten, um das Risiko eines
Rechtsstreits mit dem Finanzamt zu minimieren.
Quelle: BFH, Urteil vom 12.12.2024 – V R 6/23; NWB