Ein Unternehmer ist zur Vorsteuerberichtigung zu seinen Ungunsten
		verpflichtet, wenn er ein Gebäude, das er sowohl umsatzsteuerpflichtig als auch
		umsatzsteuerfrei nutzen wollte, tatsächlich nur noch umsatzsteuerfrei nutzt.
		Unbeachtlich ist, dass er die umsatzsteuerpflichtige Nutzung wegen
		Erfolglosigkeit eingestellt hat. Hingegen kann eine Vorsteuerberichtigung
		unterbleiben, wenn der Unternehmer die Nutzung des Gebäudes insgesamt
		einstellt. 
Hintergrund: Der Vorsteuerabzug
		ist grundsätzlich nicht möglich, soweit ein Unternehmer umsatzsteuerfreie
		Umsätze ausführt. Die Nutzung eines Gebäudes kann sowohl umsatzsteuerpflichtig
		als auch umsatzsteuerfrei erfolgen. Der Vorsteuerabzug ist dann nur im Umfang
		der beabsichtigten umsatzsteuerpflichtigen Nutzung möglich. Ändert sich aber in
		den nächsten zehn Jahren das Verhältnis der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze zu
		den umsatzsteuerfreien Umsätzen, ist eine Vorsteuerberichtigung durchzuführen.
		Die Vorsteuerberichtigung kann sich zugunsten des Unternehmers auswirken, wenn
		der Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze gestiegen ist, oder aber
		zuungunsten des Unternehmers, wenn der Anteil der umsatzsteuerfreien Umsätze
		gestiegen ist. 
Streitfall: Die Klägerin betrieb
		ein Altenheim umsatzsteuerfrei und errichtete im Jahr 2003 eine Cafeteria, die
		sowohl von den Heimbewohnern umsatzsteuerfrei als auch von auswärtigen Gästen
		umsatzsteuerpflichtig genutzt werden sollte. Die Klägerin legte einen Anteil
		der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze von 90 % zugrunde und zog daher die
		Vorsteuer aus den Herstellungskosten zu 90 % ab. Tatsächlich wurde die
		Cafeteria aber in der Folgezeit von auswärtigen Gästen kaum aufgesucht. Im
		streitigen Zeitraum 2009 bis 2012 nutzten wohl nur noch Heimbewohner die
		Cafeteria, so dass die Klägerin allenfalls noch umsatzsteuerfreie Umsätze aus
		der Cafeteria erzielte. Das Finanzamt berichtigte die Vorsteuer deshalb
		zuungunsten der Klägerin. 
Entscheidung: Der
		Bundesfinanzhof (BFH) hielt eine Vorsteuerberichtigung zuungunsten der Klägerin
		grundsätzlich für rechtmäßig, verwies die Sache aber an das Finanzgericht (FG)
		zur weiteren Aufklärung zurück: 
- 
Eine Vorsteuerberichtigung ist durchzuführen, wenn sich der
Anteil der umsatzsteuerfreien oder umsatzsteuerpflichtigen Umsätze innerhalb
von zehn Jahren verändert hat. Im Streitfall hat die Klägerin keine
umsatzsteuerpflichtigen Umsätze mehr ausgeführt, obwohl sie bei dem Bau der
Cafeteria von einem Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze von 90 %
ausgegangen war. - 
Sollte die Cafeteria im Zeitraum 2009 bis 2012 nur von
Heimbewohnern genutzt worden sein, hätte sich der Anteil der umsatzsteuerfreien
Umsätze von 10 % auf 100 % erhöht. Es wäre dann eine Vorsteuerberichtigung
zuungunsten der Klägerin durchzuführen. - 
Anders wäre dies, wenn die Klägerin gar keine Umsätze mehr
erzielt hätte, sondern den Betrieb der Cafeteria eingestellt hätte. Eine
Vorsteuerberichtigung wäre dann nicht durchzuführen. - 
Das FG muss nun aufklären, ob die Cafeteria im Zeitraum von
2009 bis 2012 von den Heimbewohnern genutzt oder ob sie geschlossen und
allenfalls zu einzelnen Veranstaltungen wie z.B. einer Weihnachtsfeier genutzt
worden ist. Soweit sie nämlich leer gestanden hat, wäre dies nicht als
umsatzsteuerfreie Nutzung anzusehen. 
Hinweise: Der BFH hatte den
		Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen, der eine Vorsteuerberichtigung im
		Grundsatz für rechtmäßig hielt. Der BFH hat sich den Ausführungen des EuGH nun
		angeschlossen. 
Für die Klägerin wäre es umsatzsteuerlich günstiger gewesen, wenn
		sie die Cafeteria vollständig eingestellt hätte, anstatt noch geringe
		umsatzsteuerfreie Umsätze aus dem Betrieb der Cafeteria zu erzielen. 
BFH, Urteil vom 27.10.2020 – V R 20/20 (V R 61/17);
		NWB
					