Ein Vermieter, der umsatzsteuerfrei vermietet, kann die Vorsteuer
		aus dem Erwerb einer Photovoltaikanlage geltend machen, wenn er den mit der
		Photovoltaikanlage produzierten Strom an seine Mieter verkauft. Der Verkauf des
		Stroms ist nämlich umsatzsteuerpflichtig, da die Lieferung des Stroms keine
		unselbständige Nebenleistung der umsatzsteuerfreien Vermietung, sondern eine
		selbständige umsatzsteuerpflichtige Leistung ist.
Hintergrund: Erbringt ein
		Unternehmer umsatzsteuerfreie Leistungen, steht ihm grundsätzlich kein
		Vorsteuerabzug zu. Die Vermietung von Wohnraum ist umsatzsteuerfrei, so dass
		ein Vermieter von Wohnungen in der Regel keine Vorsteuer geltend machen kann.
		
Sachverhalt: Der Kläger
		vermietete Wohnungen umsatzsteuerfrei. Er ließ im Jahr 2018 Photovoltaikanlagen
		auf seinen Miethäusern installieren. Den hiermit erzeugten Strom bot er seinen
		Mietern gegen Entgelt an. Entschloss sich der Mieter zum Kauf des Stroms,
		schloss der Kläger mit dem Mieter eine Zusatzvereinbarung ab, die unabhängig
		vom Mietvertrag war und auch unabhängig vom Mietvertrag gekündigt werden
		konnte. Im Fall einer Kündigung musste der Mieter jedoch die Umbaumaßnahmen der
		Zähleranlagen tragen. Der Stromverbrauch wurde mit jedem Mieter, der die
		Zusatzvereinbarung abschloss, individuell abgerechnet. Der Kläger machte die
		Vorsteuer aus dem Erwerb der Photovoltaikanlagen geltend. Das Finanzamt ließ
		den Abzug der Vorsteuer nicht zu.
Entscheidung: Der
		Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: 
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Der Kläger konnte die Vorsteuer geltend machen, da er
umsatzsteuerpflichtige Umsätze erbrachte. Er lieferte nämlich
umsatzsteuerpflichtig Strom an seine Mieter. - 
Zwar war die Vermietung der Wohnungen an seine Mieter
umsatzsteuerfrei. Diese Umsatzsteuerfreiheit galt aber nicht für die
Stromlieferungen. Denn die Stromlieferungen waren keine
unselbständigen Nebenleistungen der umsatzsteuerfreien
Vermietung, so dass die Stromlieferungen ebenfalls umsatzsteuerfrei gewesen
wären; vielmehr stellten die Stromlieferungen selbständige Lieferungen dar, für
die es nach dem Gesetz keine Umsatzsteuerfreiheit gibt. - 
Die Selbständigkeit der Stromlieferung ergibt sich daraus,
dass über die Stromlieferungen
Zusatzvereinbarungen abgeschlossen wurden,
die unabhängig vom Mietvertrag waren und auch unabhängig vom Mietvertrag
gekündigt werden konnten. Im Fall der Kündigung musste der Mieter zwar die
Umbaukosten tragen; dies machte eine Kündigung aber nicht unmöglich, sondern
erschwerte sie lediglich. - 
Für die Selbständigkeit der Stromlieferung sprach außerdem,
dass der verbrauchte Strom mit jedem Mieter individuell
abgerechnet wurde. 
Hinweise: Der Abschluss
		getrennter Zusatzvereinbarungen war im Übrigen auch gesetzlich erforderlich,
		weil der Gesetzgeber ein sog. Kopplungsverbot von Miet- und
		Energieversorgungsverträgen geregelt hat. Bei einem Verstoß gegen das
		Kopplungsverbot ist der Stromlieferungsvertrag nichtig. Dies zeigt, dass
		Mietvertrag und Stromlieferungsvertrag auch umsatzsteuerlich gesondert zu
		behandeln sind.
Das Urteil ist in allen Fällen der umsatzsteuerfreien Vermietung
		relevant. Erfolgt die Vermietung umsatzsteuerpflichtig, weil der Vermieter an
		einen Unternehmer vermietet und zur Umsatzsteuerpflicht optiert, bestehen
		ohnehin keine Zweifel an der Abziehbarkeit der Vorsteuer. 
Der BFH widerspricht mit seinem Urteil der Auffassung der
		Finanzverwaltung, die die Stromlieferung des Vermieters als Nebenleistung zum
		Mietvertrag ansieht und deshalb die Stromlieferung ebenfalls als
		umsatzsteuerfrei behandelt mit der Folge, dass der Vorsteuerabzug ausscheidet.
		
Anders ist die Rechtslage, wenn ein Wohnungsvermieter eine
		Heizungsanlage anschafft. Hier steht dem Vermieter kein Vorsteuerabzug zu, weil
		die Lieferung der Wärme und des warmen Wassers eine Nebenleistung zur
		umsatzsteuerfreien Vermietung darstellt. Denn ein Vermieter schuldet nach dem
		Mietrecht die Versorgung des Mieters mit Wärme und warmen Wasser; er schuldet
		jedoch nicht die Lieferung von Strom. 
Quelle: BFH, Urteil v. 17.7.2024 – XI R 8/21; NWB
					