Ein gutgläubiger Unternehmer kann die Vorsteuer aus einer
Anzahlung, für die eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt, geltend machen, auch
wenn sein Vertragspartner nie die Absicht hatte, die Leistung zu erbringen.
Eine Vorsteuerberichtigung zuungunsten des betrogenen Unternehmers käme nur
dann in Betracht, wenn er die Anzahlung zurückerhalten würde. Der
Bundesfinanzhof (BFH) bestätigt damit seine aktuelle Rechtsprechung zum
Vorsteuerabzug.

Hintergrund: Ein Unternehmer
kann nach dem Gesetz aus einer geleisteten Anzahlung die Vorsteuer geltend
machen, wenn er über eine Anzahlungsrechnung mit gesondertem
Umsatzsteuerausweis verfügt.

Sachverhalt: Der Kläger
bestellte bei G im April 2010 ein Blockheizkraftwerk, mit dem er Strom erzeugen
und verkaufen wollte. G erteilte dem Kläger eine Rechnung über eine Anzahlung
mit gesondertem Umsatzsteuerausweis. G war allerdings ein Betrüger, der nicht
vorhatte, das Blockheizkraftwerk zu errichten. Tatsächlich wurde das
Blockheizkraftwerk auch nicht geliefert, und der Kläger verlor seine Anzahlung.
G wurde wegen Betrugs und wegen Bankrotts verurteilt. Der Kläger machte die
Vorsteuer aus der Anzahlung in der Umsatzsteuererklärung 2010 geltend, die das
Finanzamt nicht anerkannte, weil G nie vorgehabt habe, die Lieferung zu
erbringen.

Entscheidung: Der BFH erkannte
den Vorsteuerabzug an und gab der Klage statt:

  • Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug waren
    erfüllt, da der Kläger eine Anzahlung geleistet hat und eine Rechnung mit
    gesondertem Umsatzsteuerausweis vorlag.

  • Unbeachtlich war, dass G nicht liefern würde. Für den
    Vorsteuerabzug des Käufers kommt es nämlich nicht auf die Leistungsbereitschaft
    und Leistungsfähigkeit des Verkäufers an, sondern nur darauf, ob der Kläger
    wusste oder hätte wissen müssen, dass die Lieferung oder Dienstleistung
    ungewiss ist. Dies war im Streitfall aber zu verneinen, da der Kläger von einer
    künftigen Lieferung ausging und sich nicht wissentlich betrügen lassen wollte.
    Dem Kläger kann auch nicht vorgehalten werden, dass er aufgrund der von G
    gemachten unrealistischen Rentabilitätsberechnungen hätte misstrauisch werden
    müssen; denn im Wirtschaftsleben werden immer wieder wirtschaftlich
    unvernünftige Entscheidungen getroffen.

  • Der Kläger musste die Vorsteuer auch nicht zu seinen Ungunsten
    berichtigen, nachdem feststand, dass das Blockheizkraftwerk nicht geliefert
    werden wird. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs aus einer Anzahlung setzt
    nämlich voraus, dass die Anzahlung vom Vertragspartner, hier vom G,
    zurückgezahlt wird. Eine Rückzahlung ist aber nicht erfolgt.

Hinweise: Der BFH hatte den
Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen, der den Vorsteuerabzug bejaht und
eine Pflicht zur Vorsteuerberichtigung verneint hat. Mehrere Parallelfälle sind
vom BFH bereits vor Kurzem entschieden worden.

Dass die Berichtigung des Vorsteuerabzugs von einer Rückzahlung der
Anzahlung abhängig ist, liegt daran, dass umgekehrt auch der Verkäufer seine
Umsatzsteuer nur dann zu seinen Gunsten berichtigen darf, wenn er die Anzahlung
zurückzahlt. Vorsteuerberichtigung und Umsatzsteuerberichtigung setzen also
gleichermaßen die Rückzahlung der Anzahlung voraus.

BFH, Urteil v. 17.7.2019 – V R 9/19 (V R 29/15);
NWB

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