Bietet eine Wohnungsgenossenschaft ihren Mietern eine Mietminderung
an, wenn sie weitere Genossenschaftsanteile erwerben, für die weder Zinsen noch
eine Dividende gezahlt wird, führt die gewährte Mietminderung bei den Mietern
zu Einnahmen aus Kapitalvermögen.
Hintergrund: Zu den
Kapitaleinnahmen gehören u. a. Zinsen, Dividenden, aber auch sonstige Bezüge
aus Aktien, GmbH-Anteilen oder aus Genossenschaftsanteilen.
Sachverhalt: Die Kläger waren
Mieter bei der A-Genossenschaft (A). Die A bot ihren Mietern den Erwerb
freiwilliger Genossenschaftsanteile an, die weder verzinslich waren noch zu
Ausschüttungen berechtigten sollten. Jedoch sollten die Mieter im Gegenzug eine
Mietminderung erhalten, deren Höhe sich nach der Zinsersparnis für die A
richten sollte. Die Kläger erwarben daraufhin im Jahr 2013 weitere
Genossenschaftsanteile ohne Dividenden- oder Zinsberechtigung; dafür wurde ihre
jährliche Miete in den Streitjahren 2013 bis 2015 – nach entsprechendem
Beschluss der Vertreterversammlung der Genossenschaft – um 3.600 €
(2013), 4.800 € (2014) und 4.200 € (2015) gemindert. Das
Finanzamt setzte in dieser Höhe Kapitaleinnahmen der Kläger an, von denen es
den Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 801 € abzog.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
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Die Mietminderung stellte sonstige Bezüge aus
Genossenschaftsanteilen dar. Die Mietminderung wurde den Klägern als
Mitgliedern der Genossenschaft aufgrund des Genossenschaftsverhältnisses
gewährt. -
Die Veranlassung durch das Genossenschaftsverhältnis ergab
sich daraus, dass die Mietminderung an die Stelle einer Gewinnausschüttung
trat. Zudem richtete sich der Umfang der Mietminderung nach der Zinsersparnis
für die A; denn für die freiwillig gezeichneten Genossenschaftsanteile wurden
weder Zinsen gezahlt noch Gewinne ausgeschüttet. -
Unbeachtlich ist, dass sich der Vorteil der Kläger in Gestalt
der Mietminderung und der Vorteil der Genossenschaft in Gestalt der zinslosen
Kapitalnutzung ausgeglichen haben. Ein derartiger Vorteilsausgleich lässt den
Zufluss einer Kapitaleinnahme nicht entfallen.
Hinweise: Die A wollte
vermeiden, dass sich aus dem Mietminderungsmodell steuerliche Nachteile für sie
oder für ihre Mieter ergeben. Daher hatte sie im Jahr 2012 beim Finanzamt eine
verbindliche Auskunft beantragt und wollte wissen, ob ihr Vorhaben zu
steuerlichen Belastungen bei ihr oder ihren Mitgliedern führen würde. Das
Finanzamt verneinte dies und erteilte damit die erwünschte verbindliche
Auskunft; allerdings wies das Finanzamt darauf hin, dass die verbindliche
Auskunft nur für die A gelte, da sie den Antrag gestellt habe, nicht aber für
ihre Mitglieder. Daher konnten die Kläger aus der verbindlichen Auskunft keinen
Anspruch darauf ableiten, dass bei ihnen keine Kapitaleinnahmen angesetzt
werden.
Das Mietminderungsmodell der Genossenschaft war auch Gegenstand
einer Entscheidung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg. Dort hatte das
Finanzamt den Mietnachlass als Vergütung für Fremdkapital angesehen und dem
Gewinn der Genossenschaft gewerbesteuerlich hinzugerechnet. Das Finanzgericht
gab der Klage der Genossenschaft aber statt, weil das Genossenschaftskapital
Eigenkapital darstellte und nicht Fremdkapital.
Quelle: BFH, Urteil vom 22.10.2024 – VIII R 23/21;
NWB