Verzichtet ein GmbH-Gesellschafter gegenüber der GmbH auf seine
Darlehensforderung, kann der sich hieraus ergebende Darlehensverlust nicht bei
den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden, wenn die
Darlehensforderung vor dem 1.1.2009 begründet worden ist. Es genügt nicht, dass
die Darlehenslaufzeit über den 1.1.2009 hinausging. Eine Berücksichtigung des
Verlustes der Darlehensforderung nach den Grundsätzen, die für wesentlich
beteiligte Gesellschafter gelten, scheidet aus, wenn die Forderung im Zeitpunkt
des Verzichtes bereits wertlos und nicht krisenbestimmt
war.
Hintergrund: Zu den Einkünften
aus Kapitalvermögen gehören seit der Einführung der Abgeltungsteuer zum
1.1.2009 auch Gewinne und Verluste aus der Veräußerung von Kapitalforderungen.
Gleiches gilt für Gewinne und Verluste aus der Einlösung, Rückzahlung,
Abtretung oder einer verdeckten Einlage.
Streitfall: Der Kläger war zu 30
% an einer GmbH beteiligt. Im Jahr 2003 gewährte er für Kredite, die die GmbH
bei einer Bank aufnahm, Sicherheiten. Im Januar 2007 gewährte der Kläger der
GmbH ein Darlehen in Höhe von ca. 250.000 €, mit dem der Bankkredit
abgelöst wurde; das Darlehen des Klägers sollte unkündbar sein, weil die GmbH
von Dritten kein Darlehen mehr erhalten würde. Im Dezember 2007 erklärte der
Kläger einen Rangrücktritt. Im September 2011 verzichtete der Kläger auf das
nunmehr wertlose Darlehen und veräußerte im Dezember 2011 seine Beteiligung mit
Verlust. Der Kläger machte neben dem Verlust aus dem Verkauf der Beteiligung
auch den Verlust seiner Darlehensforderung zu 60 % nach dem sog.
Teileinkünfteverfahren geltend. Den Darlehensverlust erkannte das Finanzamt
steuerlich nicht an.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
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Zwar werden seit der Einführung der Abgeltungsteuer auf
Einkünfte aus Kapitalvermögen zum 1.1.2009 auch Verluste aus Kapitalforderungen
steuerlich berücksichtigt. Dies gilt jedoch nicht für Kapitalforderungen, die
vor dem 1.1.2009 begründet worden sind, es sei denn, es handelte sich um eine
sog. Finanzinnovation. -
Die Darlehensforderung des Klägers wurde vor dem 1.1.2009
begründet, und sie stellte keine Finanzinnovation dar. Es genügt nicht, dass
das Darlehen über den 1.1.2009 hinaus gewährt wurde. Der Verlust aus der
Darlehensforderung ist daher steuerlich nicht bei den Einkünften aus
Kapitalvermögen zu berücksichtigen. -
Zwar kann der Verkauf einer GmbH-Beteiligung zu einem
gewerblichen Verlust führen, wenn der Gesellschafter mit mindestens 1 %
beteiligt war und seine Beteiligung verkauft oder aufgibt. Zu diesem Verlust
gehören auch Verluste aus Darlehensforderungen, wenn das Darlehen bis zum
27.9.2017 geleistet worden ist; denn bis zu diesem Tag gilt eine
Vertrauensschutzregelung des BFH, der seine Rechtsprechung für Zeiträume danach
zu Lasten der Steuerzahler geändert hat. Die Darlehensforderung des Klägers war
im Zeitpunkt des Verzichtes aber nichts mehr wert, so dass sich der Höhe nach
kein steuerlicher Verlust ergibt. -
Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn das Darlehen von
vornherein krisenbestimmt war oder als sog. Finanzplandarlehen krisenunabhängig
gewährt oder in der Krise hingegeben wurde. Diese Voraussetzungen lagen nach
der Würdigung des Finanzgerichts in der ersten Instanz, an die der BFH gebunden
ist, nicht vor. Denn das Darlehen aus dem Jahr 2007 war lediglich eine
Fortführung der im Jahr 2003 hingegebenen Sicherheiten, und im Jahr 2003 war
die GmbH noch liquide und hätte auch von Dritten noch Darlehen
erhalten.
Hinweise: Zwar hat der BFH im
Jahr 2017 seine Rechtsprechung zur Abziehbarkeit von Darlehensverlusten im
Rahmen der Veräußerung oder Aufgabe einer wesentlichen GmbH-Beteiligung zu
Lasten der Steuerzahler geändert und eine Vertrauensschutzregelung bis zum
27.9.2017 gewährt. Der Gesetzgeber hat aber anschließend ein Antragsrecht
eingeführt, mit dem auch Darlehensverluste aus der Folgezeit steuerlich
berücksichtigt werden können. Dieses Antragsrecht hat der Kläger im Streitfall
nicht wahrgenommen, weil er bereits unter die Vertrauensschutzregelung gefallen
ist. Das Antragsrecht hätte inhaltlich zu keinem anderen Ergebnis
geführt.
Der Verzicht auf eine nicht werthaltige Forderung, die seit dem
1.1.2009 begründet worden ist, führt grundsätzlich zu einem Verlust bei den
Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn der Steuerpflichtige Anschaffungskosten
für den nicht werthaltigen Teil der Forderung hatte. Verluste aus
Forderungsverlusten, die seit 2020 entstehen, dürfen jährlich nur noch in Höhe
von 10.000 € mit Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen
werden.
Die hier dargestellten Grundsätze und Einschränkungen gelten für
Forderungen, die zum Privatvermögen gehören. Verluste aus betrieblichen
Forderungen führen grundsätzlich zu Betriebsausgaben.
BFH, Urteil v. 14.1.2020 – IX R 9/18; NWB