Verzichtet ein Unternehmer auf die Kleinunternehmerregelung und
führt er Umsatzsteuer ab, ist er an den Verzicht für fünf Jahre gebunden; der
Verzicht gilt bis zu einem etwaigen Widerruf. Ein Überschreiten der
Umsatzgrenze für Kleinunternehmer stellt keinen Widerruf dar, so dass bei einem
anschließenden Unterschreiten der Umsatzgrenze keine erneute fünfjährige
Bindung ausgelöst wird.

Hintergrund: Kleinunternehmer
müssen keine Umsatzsteuer abführen, sind aber auch nicht
vorsteuerabzugsberechtigt. Die Umsatzgrenze für Kleinunternehmer liegt bei
22.000 € im Vorjahr (bis einschließlich 2018: 17.500 €) und bei
50.000 € im laufenden Jahr. Der Unternehmer kann aber auf die
Kleinunternehmerregelung verzichten, so dass er Umsatzsteuer abführen muss und
vorsteuerabzugsberechtigt ist; er ist dann aber für fünf Jahre an den Verzicht
gebunden.

Sachverhalt: Der Kläger
eröffnete 2006 ein Unternehmen und verzichtete auf die
Kleinunternehmerregelung, so dass er seit 2006 bis einschließlich 2016
Umsatzsteuererklärungen abgab, in denen er Umsatzsteuer erklärte und Vorsteuer
geltend machte. In den Jahren 2011 und 2012 überschritt er mit seinen Umsätzen
die damalige Umsatzgrenze für Kleinunternehmer von 17.500 €; in den
anderen Jahren lagen seine Umsätze aber unter 17.500 €. Im Streitjahr
2017 erklärte der Kläger, nunmehr die Kleinunternehmerregelung anzuwenden und
weder Umsatzsteuer abzurechnen noch Vorsteuer geltend zu machen. Das Finanzamt
war der Auffassung, dass der Kläger im Jahr 2017 kein Kleinunternehmer sein
könne, weil die fünfjährige Bindungsfrist im Jahr 2014 neu begonnen habe und
daher 2017 noch nicht abgelaufen sei.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

  • Der Kläger konnte im Veranlagungszeitraum seinen Verzicht auf
    die Anwendung der Kleinunternehmerregelung widerrufen und sich nunmehr als
    Kleinunternehmer besteuern lassen. Er unterlag nicht der fünfjährigen Bindung,
    die eintritt, wenn man auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung
    verzichtet.

  • Die fünfjährige Bindung an den Verzicht auf die
    Kleinunternehmerregelung begann im Jahr 2006 und endete mit Ablauf des Jahres
    2010. Danach bestand keine Bindung mehr.

  • Eine erneute Bindung trat nicht dadurch ein, dass der Kläger
    in den Jahren 2011 und 2012 die Umsatzgrenze von 17.500 € überschritt
    und daher ohnehin zur Umsatzbesteuerung in den jeweiligen Folgejahren 2012 und
    2013 verpflichtet war. Dieser Übergang zur Umsatzbesteuerung stellt keinen
    sinngemäßen Widerruf des Verzichts dar. Der Verzicht auf die
    Kleinunternehmerregelung blieb somit wirksam, auch wenn er sich in den Jahren
    2013 und 2014 nicht auswirkte.

  • Als der Kläger im Jahr 2014 wieder unter der Umsatzgrenze für
    Kleinunternehmer lag, hatte der weiterhin wirksame Verzicht auf die
    Kleinunternehmerregelung zur Folge, dass der Kläger seine Umsätze versteuern
    und Vorsteuern abziehen konnte. Die Abgabe der Umsatzsteuererklärung 2014
    stellte also keinen erneuten Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung dar und
    hatte daher nicht zur Folge, dass eine erneute fünfjährige Bindungsfrist
    eintrat. Gleiches galt für die Jahre 2015 und 2016.

Hinweis: Hätte der Kläger in den
Jahren 2011 und 2012 nicht die Umsatzgrenze für Kleinunternehmer überschritten,
hätte es keinen Streit mit dem Finanzamt gegeben. Das BFH-Urteil ist daher in
den Fällen positiv, in denen es während der Dauer eines Verzichts auf die
Kleinunternehmerregelung zu einem Überschreiten der Umsatzgrenze kommt. Denn
nach der aktuellen Entscheidung führt das anschließende Unterschreiten der
Umsatzgrenze nicht zu einem erneuten Verzicht und daher auch nicht zu einer
erneuten fünfjährigen Bindung.

Die fünfjährige Bindungsfrist aufgrund des Verzichts auf die
Kleinunternehmerregelung soll Missbräuche verhindern, indem der
Kleinunternehmer seine Eingangsumsätze gezielt in ein bestimmtes Jahr
verlagert, für dieses Jahr auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet, um die
Vorsteuer geltend zu machen, und abschließend wieder zur
Kleinunternehmerregelung zurückkehrt. Diese sofortige Rückkehr wird durch die
fünfjährige Bindung verhindert.

BFH, Urteil vom 23.9.2020 – XI R 34/19; NWB

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