Der Bundesfinanzhof (BFH) hält an seiner Rechtsprechung fest, dass
der Ausfall von Darlehen eines GmbH-Gesellschafters an seine GmbH, die bis zum
27.9.2017 eigenkapitalersetzend geworden sind, steuerlich mit 60 %
berücksichtigt wird. Zur Gewährung dieser Übergangsfrist bis zum 27.9.2017 ist
der BFH aus Gründen des Vertrauensschutzes berechtigt, weil er am 27.9.2017
seine langjährige Rechtsprechung zu Ungunsten der GmbH-Gesellschafter geändert
hat. Die Höhe der Forderung kann aus dem festgestellten GmbH-Abschluss
abgeleitet werden, falls das Finanzamt die Höhe der Forderung bestreitet.
Hintergrund: Erzielt ein
GmbH-Gesellschafter, der mit mindestens 1 % beteiligt ist und dessen
Beteiligung zu seinem Privatvermögen gehört, bei Veräußerung oder Aufgabe
seiner GmbH-Beteiligung einen Verlust, wird dieser nach dem
Teileinkünfteverfahren zu 60 % steuerlich berücksichtigt. Bei der Höhe des
Verlustes werden zu Gunsten des Gesellschafters auch nachträgliche
Anschaffungskosten auf seine Beteiligung berücksichtigt. Hierzu zählte nach der
früheren Rechtsprechung u.a. auch der Ausfall von Darlehensforderungen des
GmbH-Gesellschafters gegen seine GmbH. Diese Rechtsprechung hat der BFH jedioch
am 27.9.2017 geändert und erkennt seitdem nur noch offene und verdeckte
Einlagen des GmbH-Gesellschafters als nachträgliche Anschaffungskosten an. Die
bisherigen Grundsätze hatten nämlich an das sog. Eigenkapitalersatzrecht
angeknüpft, das zivilrechtlich bereits seit dem 1.11.2008 nicht mehr gilt.
Allerdings hat der BFH eine Übergangsfrist für solche Darlehensforderungen
eingeräumt, die bis zum 27.9.2017 eigenkapitalersetzend geworden sind.
Sachverhalt: Der Kläger war
Alleingesellschafter der A-GmbH. Er stellte der A-GmbH aufgrund eines
Darlehensrahmenvertrags aus dem Jahr 1999 diverse Darlehen zur Verfügung und
übernahm Auslagen für die GmbH, die ebenfalls als Darlehen behandelt wurden.
Die Darlehen waren eigenkapitalersetzend, weil der Kläger erklärt hatte, dass
er die Darlehen auch in der Krise stehen lassen würde. 2009 wurde die Auflösung
der A-GmbH beschlossen, 2012 wurde die A-GmbH im Handelsregister gelöscht, ohne
dass die Darlehensforderungen des Klägers getilgt worden waren. Aus der Bilanz
zum 31.12.2011 ergaben sich Verbindlichkeiten der A-GmbH gegenüber dem Kläger
in Höhe von ca. 200.000 €. Der Kläger machte den Verlust seines
Stammkapitals und seiner Darlehen steuerlich nach dem Teileinkünfteverfahren zu
60 % geltend. Das Finanzamt berücksichtigte nur das Stammkapital zu 60 %.
Entscheidung: Der BFH gab der
hiergegen gerichteten Klage statt:
-
Der Verlust ist dem Grunde nach anzuerkennen. Denn die
Darlehen des Klägers waren eigenkapitalersetzend, da sie in der Krise stehen
gelassen werden sollten. Die Darlehen sind bis zu der vom BFH gewährten
Übergangsfrist vom 27.9.2017 eigenkapitalersetzend geworden. -
Der BFH war zur Setzung dieser Übergangsfrist aus Gründen des
Vertrauensschutzes berechtigt, weil er am 27.9.2017 seine langjährige
Rechtsprechung zum steuerlichen Abzug eigenkapitalersetzender Darlehen zum
Nachteil der Steuerpflichtigen geändert hat. Der BFH war nicht gezwungen,
bereits seit dem 1.11.2008 seine bisherige Rechtsprechung nicht mehr
anzuwenden. Denn der Gesetzgeber, der zum 1.11.2008 das zivilrechtliche
Eigenkapitalersatzrecht aufgehoben hat, hat die steuerlichen Folgen dieser
Aufhebung weder bedacht noch geregelt, so dass die Steuerpflichtigen weiterhin
auf die positive BFH-Rechtsprechung zur steuerlichen Berücksichtigung
eigenkapitalersetzender Darlehen vertraut haben und vertrauen
durften. -
Hinsichtlich der Höhe der Darlehen kann als Indiz auf den
festgestellten Jahresabschluss der A-GmbH zurückgegriffen werden, in dem die
entsprechenden Verbindlichkeiten gegenüber dem Kläger ausgewiesen sind. Dieser
Jahresabschluss stellt die Rechtsverhältnisse zwischen der GmbH und ihren
Gesellschaftern verbindlich fest. Dies gilt auch für eine Einmann-GmbH.
Hinweise: Der BFH hat daher den
Ausfall von Darlehen in Höhe von 200.000 € angesetzt und mit
60 % zu Gunsten des Klägers berücksichtigt.
Die Indizwirkung des Jahresabschlusses besteht auch dann, wenn
einzelne andere Bilanzpositionen fehlerhaft sein könnten wie z.B. der
Kassenbestand, diese fehlerhaften Bilanzpositionen sich aber nicht auf die Höhe
der Gesellschafterdarlehen ausgewirkt haben können.
Der Gesetzgeber will auf die Verschärfung der BFH-Rechtsprechung
seit dem 27.9.2017 mit einer Gesetzesänderung reagieren, durch die der Ausfall
von Gesellschafterdarlehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst
sind, wieder steuerlich berücksichtigt werden kann. Dies soll auf Antrag auch
rückwirkend möglich sein.
BFH, Urteil v. 2.7.2019 – IX R 13/18; NWB