Verluste aus einem sog. Steuerstundungsmodell können nicht mit
positiven anderen Einkünften verrechnet werden, sondern nur mit künftigen Gewinnen aus dem Steuerstundungsmodell. Ein Steuerstundungsmodell kann auch dann vorliegen, wenn die prognostizierten Verluste auf gesetzlichen Abschreibungsmethoden, wie z.B. der degressiven Abschreibung oder einer Sonderabschreibung beruhen, die aufgrund eines Wahlrechts ausgeübt werden.Hintergrund: Der Gesetzgeber
behandelt Verluste aus einem Steuerstundungsmodell nur als verrechenbar, so dass sie ledoglich mit künftigen Gewinnen aus dem Steuerstundungsmodell ausgeglichen werden können. Ein Steuerstundungsmodell liegt vor, wenn aufgrund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Diese Vorschrift gilt für Steuerstundungsmodelle, denen ein Anleger nach dem 10.11.2005 beigetreten ist oder für die nach dem 10.11.2005 mit dem Außenvertrieb begonnen worden ist.Sachverhalt: Die Klägerin war
eine GmbH & Co. KG, die Biogasanlagen errichten wollte. An der Klägerin konnten sich Anleger mit einem Betrag ab 5.000 € beteiligen. Die Klägerin hatte für Anleger einen 142seitigen Emissionsprospekt aufgelegt, der mit einer Beteiligung an einem geschlossenen Bioenergiefonds warb. In den Jahren 2005 und 2006 traten ca. 350 Kommanditisten der Klägerin bei. Die Klägerin erzielte in den Streitjahren 2005 bis 2007 Verluste von ca. 36.000 €, 460.000 € und 220.000 €. Das Finanzamt ging von einem Steuerstundungsmodell aus und stellte die Verluste als lediglich verrechenbar fest, so dass sie von den Kommanditisten nicht mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden konnten.Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache an das Finanzgericht (FG) zurück, damit dieses feststellt, ob die gesetzliche Regelung zu Steuerstundungsmodellen überhaupt zeitlich anwendbar ist:-
Die gesetzliche Regelung für Steuerstundungsmodelle gilt nur
für solche Modelle, bei denen ein Anleger nach dem 10.11.2005 beigetreten ist oder für die nach dem 10.11.2005 mit dem Außenvertrieb begonnen worden ist. Die Prüfung des zeitlichen Anwendungsbereichs erfolgt gesellschafterbezogen. Es muss also für jeden Anleger ermittelt werden, ob er bis zum 10.11. 2005 oder danach beigetreten ist. Im Streitfall steht bislang nur fest, dass in den Jahren 2005 und 2006 ca. 350 Kommanditisten beigetreten sind. Das FG muss nun ermitteln, welche Kommanditisten bis zum 10.11.2005 beigetreten – für diese gilt die Verlustausgleichsbeschränkung nämlich von vornherein nicht – und welche Kommanditisten nach dem 10.11.2005 beigetreten sind – für diese gilt in zeitlicher Hinsicht die Verlustausgleichsbeschränkung für Steuerstundungsmodelle. -
Hinsichtlich der Anleger, die nach dem 10.11.2005 beigetreten
sind, muss das FG dann weiter prüfen, ob es sich bei der Klägerin überhaupt um ein Steuerstundungsmodell handelte. Ein Steuerstundungsmodell ist anzunehmen, wenn dem Steuerpflichtigen aufgrund eines fertigen Konzeptes die Möglichkeit gegeben werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen. Ein Konzept lag in Gestalt des Emissionsprospekts vor. Verluste können sich auch durch die Inanspruchnahme gesetzlicher Abschreibungen ergeben wie z.B. durch die degressive Abschreibung oder durch eine Sonderabschreibung. Es kommt also nicht darauf an, auf welchen Vorschriften die Verluste beruhen; zudem beruhen die degressive Abschreibung oder die Sonderabschreibung auf der Ausübung eines Wahlrechts.
Hinweise: Der BFH macht im
Übrigen deutlich, dass ein Steuerstundungsmodell auch bei wirtschaftlich sinnvollen oder bei politisch gewünschten Investitionen in Betracht kommen kann, z.B. bei einer Anlage in erneuerbare Energien. Der BFH sieht darin keinen Widerspruch, dass der Gesetzgeber einerseits erneuerbare Energien fördert, andererseits aber Steuerstundungsmodelle im Bereich erneuerbarer Energien steuerlich belastet. Denn gefördert werden sollen Einzelinvestoren, währen die konzeptionelle Aufarbeitung und der Vertrieb verhindert werden soll.Der weitere Verfahrensverlauf wird prozessual dadurch erschwert,
dass das FG noch alle Anleger beiladen muss. Denn die Verlustausgleichsbeschränkung betrifft jeden einzelnen Anleger, da dieser den als lediglich verrechenbar festgestellten Verlustanteil nicht mit seinen positiven Einkünften wie z.B. Arbeitslohn oder Gewinn aus Gewerbebetrieb ausgleichen kann.BFH, Urteil v. 6.6.2019 – IV R 7/16; NWB