Die Umwandlung von Gesellschaften, die Grundbesitz halten, ist nach
der gesetzlichen Konzernklausel auch dann grunderwerbsteuerfrei, wenn die
gesetzlichen Beteiligungsfristen von fünf Jahren, die jeweils vor und nach der
Umwandlung eingehalten werden müssen, aufgrund der Art des Umwandlungsvorgangs
nicht eingehalten werden können, weil eine der beteiligten Gesellschaften
infolge der Umwandlung erlischt oder erst durch die Umwandlung entsteht.

Hintergrund: Eine Umwandlung
einer Gesellschaft, die Grundbesitz hält, kann grundsätzlich Grunderwerbsteuer
auslösen. Nach der im Jahr 2010 eingeführten Konzernklausel sind jedoch
bestimmte Umwandlungsvorgänge innerhalb eines Konzerns grunderwerbsteuerfrei.
Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist u.a., dass die Umwandlung
konzernintern erfolgt und fünf Jahre vor der Umwandlung und fünf Jahre nach der
Umwandlung Beteiligungsverhältnisse von mindestens 95 % zwischen der
Konzernmutter und ihren Konzerntöchtern bestehen.

Sachverhalt: Die Klägerin war
eine Aktiengesellschaft (AG), die seit mehr als fünf Jahren an der B-GmbH zu
100 % beteiligt war; die B-GmbH war Eigentümerin verschiedener
Grundstücke. Durch Verschmelzungsvertrag vom 1.8.2012 wurde die B-GmbH auf die
Klägerin verschmolzen; dies wurde am 24.9.2012 im Handelsregister eingetragen.
Aufgrund der Verschmelzung wurde die Klägerin Eigentümerin der Grundstücke, und
die B-GmbH erlosch. Das Finanzamt verneinte die Steuerbefreiung der
Konzernklausel, weil die Klägerin nach der Umwandlung nicht fünf Jahre mit
mindestens 95 % an der B-GmbH beteiligt war; denn die B-GmbH war infolge
der Verschmelzung erloschen.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) bejahte die Steuerbefreiung und gab der Klage statt:

  • Zwar verlangt die Konzernklausel für die Steuerbefreiung, dass
    die Klägerin als beherrschendes Unternehmen noch fünf Jahre lang an der B-GmbH
    als abhängiger Gesellschaft beteiligt ist (sog. Vorbehaltensfrist); diese
    Voraussetzung ist im Streitfall nicht eingehalten, weil die B-GmbH infolge der
    Verschmelzung auf die Klägerin erloschen ist, so dass auch keine Beteiligung an
    der B-GmbH mehr bestehen konnte.

  • Würde man den Wortlaut der Konzernklausel aber in dieser Weise
    interpretieren, wäre die Konzernklausel auf eine Vielzahl von Umwandlungen
    nicht anwendbar, weil infolge der Verschmelzung das abhängige Unternehmen
    (Tochtergesellschaft) erlischt wie z.B. bei der Verschmelzung oder weil die
    Tochtergesellschaft erst infolge der Umwandlung entsteht wie z.B. bei der
    Abspaltung zur Neugründung oder Ausgliederung zur Neugründung; im Fall der
    Abspaltung kann die Muttergesellschaft nicht fünf Jahre vor der Umwandlung an
    der Tochtergesellschaft zu 95 % beteiligt gewesen sein, da die
    Tochtergesellschaft erst infolge der Umwandlung entsteht.

  • Eine solch enge Auslegung am Wortlaut würde dem Zweck der
    Steuerbefreiung widersprechen, weil konzerninterne Umwandlung von der
    Grunderwerbsteuer befreit werden sollten. Die Konzernklausel ist daher in der
    Weise auszulegen, dass die fünfjährigen Beteiligungsfristen nur insoweit
    eingehalten werden müssen, als sie aufgrund der Umwandlung auch eingehalten
    werden können.

  • Im Streitfall reichte es daher, dass die Klägerin in den fünf
    Jahren vor der Umwandlung zu mindestens 95 % an der B-GmbH beteiligt war.
    Unschädlich ist, dass die Klägerin in den fünf Jahren nach der Umwandlung nicht
    zu mindestens 95 % an der B-GmbH beteiligt war; denn die B-GmbH ist infolge der
    Umwandlung erloschen, so dass die Klägerin diese Frist nicht mehr einhalten
    konnte.

Hinweise: Der BFH hat noch sechs
weitere Umwandlungsfälle zur Verschmelzung sowie zur Abspaltung entschieden und
in diesen den Wortlaut der Konzernklausel in gleicher Weise eingeschränkt. Dies
führte in den meisten Fällen zu einer Stattgabe, weil die Fristen nur wegen der
Umwandlung nicht eingehalten werden konnten; nur in einem Fall hatte die Klage
keinen Erfolg, weil die fünfjährige Vorbehaltensfrist bei einer Verschmelzung
nicht eingehalten worden war.

Für Konzerne sind die aktuellen Entscheidungen erfreulich, weil sie
Umstrukturierungen im Konzern erleichtern. Hätte sich der BFH allein am
Wortlaut der Konzernklausel orientiert, wäre nur die Abspaltung und
Ausgliederung von Vermögen (einschließlich Grundstücken) auf einen bereits
bestehenden Rechtsträger grunderwerbsteuerfrei.

Der BFH folgt nicht der Auffassung der Finanzverwaltung, die die
Konzernklausel relativ eng auslegt und solche Umwandlungen als steuerpflichtig
ansieht, bei denen ein sog. Verbund, zu dem die Muttergesellschaft und die
Tochtergesellschaft(en) gehören, begründet oder beendet wird.

Der Europäische Gerichtshof hat bereits entschieden, dass die
Konzernklausel keine europarechtswidrige Subvention darstellt.

BFH, Urteile vom 22.8.2019 – II R 18/19 (Verschmelzung auf
AG), II R 15/19 (Verschmelzung auf natürliche Person), II R 16/19
(Ausgliederung), II R 17/19 (Verschmelzung – Klageabweisung), II R 19/19
(Verschmelzung), II R 20/19 (Verschmelzung), II R 21/19 (Abspaltung);
NWB

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