Ein selbständig tätiger Dirigent ist umsatzsteuerfrei tätig, wenn
ihm die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass er die gleichen kulturellen
Aufgaben wie z.B. ein Orchester erfüllt. Der Vorsteuerabzug aus Leistungen
seiner im Ausland ansässigen Agentur ist ihm nicht möglich, auch soweit die
Vermittlung Engagements im Ausland betrifft, die dort nicht umsatzsteuerfrei
sondern umsatzsteuerpflichtig sind.

Hintergrund: Nach dem Gesetz
sind Leistungen von bestimmten kulturellen Einrichtungen wie z.B. Museen,
Orchester umsatzsteuerfrei. Der Vorsteuerabzug für einen Unternehmer ist
ausgeschlossen, wenn der Unternehmer umsatzsteuerfreie Leistungen erbringt oder
wenn er Umsätze im Ausland erbringt, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland
ausgeführt würden.

Sachverhalt: Der Kläger war
selbständiger Dirigent und in Deutschland sowie in Spanien, Italien und
Großbritannien tätig. Er wurde von zwei Agenturen in Italien und Großbritannien
betreut, die ihm Provisionen zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung stellten. Die
von den beiden Agenturen in Rechnungen gestellte Umsatzsteuer schuldete der
Kläger nach dem sog. Reverse Charge-Verfahren, weil die Vermittlungsleistung in
Deutschland umsatzsteuerbar war und für derartige Leistungen ausländischer
Unternehmer der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer in Deutschland schuldet.
Der Kläger führte die Umsatzsteuer seiner Vermittlungsagenturen in Deutschland
ab, machte aber zugleich die Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Die Vorsteuer
erkannte das Finanzamt nicht an.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Der Kläger erbrachte als Dirigent umsatzsteuerfreie Leistungen
    in Deutschland. Die Umsatzsteuerfreiheit für bestimmte kulturelle Leistungen
    kann auch für Einzelkünstler greifen, wenn sie z.B. mit einem Orchester oder
    einem Kammermusikensemble vergleichbar sind. Dies ist bei einem Dirigenten der
    Fall, da er mit dem Orchester zusammenwirkt und gemeinsam mit diesem kulturelle
    Aufgaben erfüllt.

  • Auch die weitere Voraussetzung für die Umsatzsteuerbefreiung
    war erfüllt: Es lag nämlich eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde in
    Sachsen vor, dass der Kläger die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllt wie ein
    Orchester.

  • Der Kläger kann die ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer
    nicht als Vorsteuer abziehen, soweit ihm Auftritte im Ausland vermittelt
    wurden. Denn der Vorsteuerabzug ist nicht möglich, wenn der im Ausland
    erbrachte Umsatz im Inland steuerfrei wäre. Wäre der Kläger als Dirigent nicht
    in Spanien, Italien und Großbritannien aufgetreten, sondern in Deutschland,
    wäre die Leistung in Deutschland umsatzsteuerfrei gewesen.

  • Damit steht der Kläger zwar steuerlich schlechter als ein im
    Ausland ansässiger Dirigent, der die ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als
    Vorsteuer abziehen könnte, wenn die Leistung des Dirigenten im Ausland
    umsatzsteuerpflichtig sein sollte. Hierin ist aber kein Verstoß gegen den
    europarechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu sehen. Denn es gibt einen
    Unterschied zwischen einem in Deutschland ansässigen Dirigenten, der in
    Deutschland steuerfreie Umsätze erbringt, und einem in Großbritannien
    ansässigen Dirigenten, der dort umsatzsteuerpflichtige Umsätze erbringt.

Hinweise: Der BFH hat auch schon
bislang die Umsätze eines Dirigenten als umsatzsteuerfrei angesehen, dies aber
nicht aus dem deutschen Umsatzsteuerrecht abgeleitet, sondern aus dem
europäischen Mehrwertsteuerrecht. Nach einer Entscheidung des Europäischen
Gerichtshofs kann sich der Unternehmer für die hier in Betracht kommende
Umsatzsteuerfreiheit aber nicht mehr unmittelbar auf das europäische
Mehrwertsteuerrecht berufen. Mit dem aktuellen Urteil hat der BFH nun
klargestellt, dass sich die Umsatzsteuerfreiheit nun direkt aus dem deutschen
Recht ergibt. Im Ergebnis bleibt es also bei der Umsatzsteuerfreiheit.

Die Umsatzsteuerfreiheit hat für den Kläger den Nachteil, dass er
die ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen kann.
Soweit ihm Auftritte in Deutschland vermittelt wurden, ist der Vorsteuerabzug
ohnehin nicht möglich, weil der Kläger umsatzsteuerfreie Leistungen erbringt.
Soweit ihm Auftritte im Ausland vermittelt wurden, scheitert der Vorsteuerabzug
daran, dass die Auftritte umsatzsteuerfrei wären, wenn sie in Deutschland
erbracht worden wären.

BFH, Urteil v. 22.8.2019 – V R 14/17; NWB

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