Werden Investitionen zugunsten der Mitglieder einer
landwirtschaftlichen Verkaufsgenossenschaft durch die Genossenschaft getätigt
und dem jeweiligen Mitglied sowie einem sog. Betriebsfonds, an dem die
Mitglieder beteiligt sind, jeweils zur Hälfte in Rechnung gestellt, unterliegen
sowohl die Zahlung des Mitglieds als auch die Zahlung des Betriebsfonds der
Umsatzsteuer.

Hintergrund: Die
Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer ist das Entgelt. Zum Entgelt gehört
nicht nur die Gegenleistung (Nettobetrag), sondern auch die Zahlung eines
Dritten für die erbrachte Leistung.

Sachverhalt: Die Klägerin war
eine landwirtschaftliche Verkaufsgenossenschaft, die die Produkte ihrer
Mitglieder verkaufte. Die Mitglieder hatten zudem einen sog. Betriebsfonds
gegründet, in den sie 3 % ihrer Umsatzerlöse einzahlten; die weiteren Mittel
erhielt der Fonds von der EU. Über die Klägerin wurden auch Investitionen der
einzelnen Mitglieder abgewickelt. Dabei erfolgten die Bestellung und Bezahlung
durch die Klägerin. Nach einer Vereinbarung sollten die Klägerin und das
jeweilige Mitglied die Maschine zu jeweils gleichen Miteigentumsanteilen
erwerben; die Maschine wurde direkt an das Mitglied geliefert.

Nach Ablauf einer fünfjährigen Zweckbindungsfrist übertrug die
Klägerin ihren Miteigentumsanteil auf das Mitglied. Die Klägerin stellte die
Hälfte des Nettobetrags dem Mitglied in Rechnung, und zwar zuzüglich
Umsatzsteuer. Die andere Hälfte des Betrags wurde vom Betriebsfonds an die
Klägerin gezahlt, und zwar ohne Umsatzsteuer. Die Klägerin machte die gesamte
Vorsteuer aus der Eingangsrechnung geltend und unterwarf nur die vom Mitglied
gezahlte Hälfte des Nettobetrags der Umsatzsteuer, nicht aber die vom
Betriebsfonds gezahlte Hälfte. Das Finanzamt sah auch die vom Betriebsfonds
gezahlte Hälfte als umsatzsteuerbares Entgelt an.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die Klägerin führte Lieferungen an das jeweilige Mitglied aus.
    Denn sie lieferte die von ihr bestellten und bezahlten Maschinen an das
    jeweilige Mitglied. Die Maschinen wurden unmittelbar an das Mitglied
    ausgeliefert, das damit die Verfügungsmacht erlangte. Daher entstand bei der
    Lieferung der Maschinen Umsatzsteuer.

  • Die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer setzt sich aus
    der vom Mitglied gezahlten Hälfte der Netto-Anschaffungskosten sowie aus der
    vom Betriebsfonds gezahlten Hälfte der Netto-Anschaffungskosten zusammen. Die
    vom Betriebsfonds geleistete Zahlung war die Zahlung eines
    Dritten
    . Es handelte sich nicht um eine bloße
    Vermögensumschichtung, da die Klägerin keinen Zugriff auf die Mittel des
    Betriebsfonds hatte; denn bei den Mitteln des Betriebsfonds handelte es sich um
    sog. zweckgebundenes Vermögen, das dem Fonds zustand.

  • Zwischen der Zahlung des Betriebsfonds und der Lieferung der
    Maschinen an die Mitglieder bestand ein unmittelbarer Zusammenhang.

Hinweise: Im Ergebnis gleichen
sich der Vorsteuerabzug und die Umsatzsteuer aus; entgegen der Auffassung der
Klägerin ergab sich aber kein Vorsteuererstattungsanspruch in Höhe von 50 %
(vollständiger Vorsteuerabzug, aber nur die Hälfte der Erstattung wurde der
Umsatzsteuer unterworfen).

Allerdings ließ der BFH offen, ob sich die Bemessungsgrundlage für
die Umsatzsteuer nicht noch durch eine weitere Vereinbarung erhöhte; denn die
Mitglieder hatten sich gegenüber der Klägerin verpflichtet, diese für einen
Zeitraum von mindestens zehn Jahren mit Obst und Gemüse zu beliefern. Es könnte
sich daher um einen sog. Tausch mit Baraufgabe gehandelt haben, so dass die
Bemessungsgrundlage um die Lieferverpflichtung zu erhöhen war. Der BFH konnte
dies allerdings offenlassen, weil eine sog. Verböserung, d. h. Verschlechterung
der Rechtsposition, im Klageverfahren nicht zulässig ist.

Der BFH hatte in diesem Verfahren den Europäischen Gerichtshof
angerufen, der in der Zahlung des Betriebsfonds ein Entgelt gesehen hat. Der
BFH hat sich dieser Auffassung nun angeschlossen.

BFH, Urteil v. 22.1.2020 – XI R 26/19 (XI R 5/17);
NWB

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