Ein Unternehmer, der börsennotierte verzinsliche Wertpapiere ohne
feste Laufzeit und ohne eigene Kündigungsmöglichkeit erworben hat (sog. hybride
Anleihen), kann zum Bilanzstichtag eine Teilwertabschreibung vornehmen, wenn
der Börsenkurs der Anleihen um mehr als 5 % unter die Anschaffungskosten
gesunken ist. Hybride Anleihen werden damit steuerlich abweichend von
festverzinslichen Wertpapieren mit fester Laufzeit behandelt, bei denen eine
Teilwertabschreibung grundsätzlich nicht zulässig ist.

Hintergrund: Ein bilanzierender
Unternehmer kann eine gewinnmindernde Teilwertabschreibung auf ein
Wirtschaftsgut vornehmen, wenn am Bilanzstichtag eine voraussichtlich dauernde
Wertminderung vorliegt.

Sachverhalt: Die Klägerin war
eine GmbH, die zwei Anleihen der XY-Bank erworben hatte. Die Anleihen waren
börsennotiert und hatten einen variablen Zinssatz. Sie hatten keine feste
Laufzeit und konnten nur von der Emittentin (XY-Bank) gekündigt werden, nicht
aber von der Klägerin. Im Fall der Kündigung waren 100 % zurückzuzahlen. Die
beiden Anleihen waren 2006 und 2009 emittiert worden. Am 31.12.2012 war der
Kurswert der beiden Anleihen auf jeweils ca. 50 % gesunken. Die Klägerin nahm
zum 31.12.2012 gewinnmindernde Teilwertabschreibungen auf den Kurswert vor. Im
Jahr 2021 wurden die Anleihen von der XY-Bank gekündigt und der Nominalwert an
die Klägerin vollständig zurückgezahlt.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) erkannte die Teilwertabschreibungen:

  • Am 31.12.2012 lag eine voraussichtlich dauernde Wertminderung
    bei beiden Anleihen vor. Die Klägerin durfte daher Teilwertabschreibungen
    vornehmen.

  • Der Teilwert entspricht bei börsennotierten Wertpapieren dem
    Kurswert. Dieser lag am 31.12.2012 unter den Anschaffungskosten, so dass eine
    Wertminderung anzunehmen war.

  • Die Wertminderung war auch voraussichtlich dauernd, da nicht
    abzusehen war, wann der Kurs wieder steigt. Zwar sind hybride Anleihen mit 100
    % zurückzuzahlen; allerdings ist nicht sicher, wann die Rückzahlung erfolgt.
    Denn bei hybriden Anleihen gibt es keine feste Laufzeit, und die hybride
    Anleihe kann auch nur vom Emittenten gekündigt werden. Solange keine Kündigung
    durch den Emittenten erfolgt, ist eine Rückzahlung unsicher; der Kurswert
    steigt also nicht zwingend jedes Jahr an.

  • Anders ist dies bei einem sog. endfälligen Wertpapier wie
    einem festverzinslichen Wertpapier mit einer bestimmen Laufzeit. Bei diesem
    muss lediglich das Ende der Laufzeit abgewartet werden, um den Nominalwert von
    100 % zurückzuerhalten. Mit jedem Jahr nähert sich der Wert des
    festverzinslichen Wertpapiers also dem Rückzahlungswert von 100 % an.

Hinweise: Der BFH macht
deutlich, dass sich festverzinsliche Wertpapiere mit einer bestimmten Laufzeit
einerseits und hybride Anleihen ohne feste Laufzeit und ohne
Kündigungsmöglichkeit des Unternehmers andererseits unterscheiden. Bei hybriden
Anleihen ist daher eine Teilwertabschreibung grundsätzlich möglich, wenn der
Kurswert am Bilanzstichtag um mehr als 5 % unter den Anschaffungskosten liegt.
Die 5 % stellen eine sog. Bagatellgrenze dar, die der BFH für
Teilwertabschreibungen auf Aktien entwickelt hat.

Der Teilwertabschreibung zum 31.12.2012 war möglich, obwohl die
Bonität der XY-Bank als Emittentin am 31.12.2012 gut war. Unbeachtlich war zum
31.12.2012 auch, dass die XY-Bank die Anleihen im Jahr 2021 kündigte und
vollständig zurückbezahlte.

Quelle: BFH, Urteil vom 23.8.2023 – XI R 36/20; NWB

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