Ein Spekulationsgewinn, der beim Verkauf einer Immobilie innerhalb
von zehn Jahren nach Anschaffung entsteht, ist steuerfrei, wenn die Immobilie
mit Ausnahme einer kurzfristigen Vermietung im Jahr des Verkaufs selbstgenutzt
war. Ausreichend ist, dass der Steuerpflichtige die Immobilie in den beiden
Jahren vor der Veräußerung und mindestens am ersten Tag im Veräußerungsjahr und
damit in drei Veranlagungszeiträumen selbstgenutzt hat.
Hintergrund: Zu den sonstigen
Einkünften gehören Spekulationsgewinne. Bei Immobilien entsteht ein
Spekulationsgewinn, wenn die Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach ihrer
Anschaffung mit Gewinn verkauft wird. Der Gesetzgeber behandelt den
Spekulationsgewinn aber nicht als steuerpflichtig, wenn die Immobilie
selbstgenutzt worden ist. Die Selbstnutzung muss entweder im gesamten Zeitraum
zwischen Anschaffung und Veräußerung stattgefunden haben oder aber im Jahr der
Veräußerung und in den beiden vorangegangen Jahren zu eigenen Wohnzwecken.
Sachverhalt: Der Klägerin erwarb
2006 eine Eigentumswohnung, in der sie bis einschließlich April 2014 selbst
wohnte. Im Mai 2014 zog er aus der Wohnung aus und vermietete sie ab Mai 2014
bis Dezember 2014. Im Dezember 2014 verkaufte er die Wohnung mit Gewinn. Das
Finanzamt ging von einem steuerpflichtigen Spekulationsgewinn aus.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) sah den Spekulationsgewinn als steuerfrei an und gab der
Klage statt:
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Zwar sind grundsätzlich die Voraussetzungen eines
Spekulationsgewinns erfüllt, weil der Kläger die Wohnung innerhalb von zehn
Jahren mit Gewinn verkauft hat. Für den Kläger greift jedoch keine
Steuerpflicht, weil er die Wohnung selbst genutzt hat. -
Nach dem Gesetz genügt es, dass die Immobilie in den beiden
Jahren vor der Veräußerung, also hier in den Jahren 2012 und 2013, und im Jahr
der Veräußerung, hier im Jahr 2014, selbst genutzt wurde. Die Selbstnutzung
muss weder im zweiten Jahr vor der Veräußerung, also im Jahr 2012, noch im Jahr
der Veräußerung (2014) ganzjährig gewesen sein. Erforderlich ist allerdings ein
zusammenhängender Zeitraum der Selbstnutzung, der sich über drei Jahre
erstreckt, ohne dass diese ausgefüllt werden müssen. Nur im Jahr vor der
Veräußerung (2013) muss die Selbstnutzung ganzjährig gewesen sein. -
Im Streitfall hat der Kläger die Voraussetzungen für eine die
Steuerpflicht beseitigende Selbstnutzung erfüllt: Er hat die Wohnung im Jahr
2012 bis zum 31.12.2012, anschließend ganzjährig im Jahr 2013 und schließlich
vom 1.1.2014 an selbst genutzt. Diese Selbstnutzung war zusammenhängend und
erstreckte sich über drei Jahre. Dass er die Selbstnutzung ab Mai 2014 beendete
und bis zum Tag der Veräußerung im Dezember 2014 vermietete, ist unschädlich,
weil sich die Selbstnutzung über drei Kalenderjahre erstreckt hat, ohne dass
die Selbstnutzung in den Jahren 2012 und 2014 ganzjährig gewesen sein muss.
Hinweise: Im Ergebnis muss die
Selbstnutzung nur ein Jahr und zwei Tage umfassen, nämlich den Zeitraum vom
Beginn des 31.12.2012 an bis einschließlich 1.1.2014. Eine Vermietung ab dem
2.1.2014 ist dann unschädlich, wenn die Wohnung noch im Jahr 2014 verkauft
wird; gleiches gilt für eine Vermietung bis zum 30.12.2012. Der BFH ist damit
der Auffassung des Finanzamts nicht gefolgt, das eine Selbstnutzung bis zum Tag
des Verkaufs verlangt hat.
Steuerfrei ist der Spekulationsgewinn im Übrigen auch dann, wenn
die Selbstnutzung durchgängig zwischen Anschaffung und Verkauf erfolgt ist.
Dies wird relevant, wenn die Immobilie nicht in drei Veranlagungszeiträumen,
sondern nur kurze Zeit gehalten worden ist, also z.B. nur ein Jahr.
BFH, Urteil v. 3.9.2019 – IX R 10/19, NWB