Entscheiden sich Ehegatten für eine Einzelveranlagung und
beantragen sie dabei den hälftigen Abzug der Sonderausgaben, wird die Summe der Aufwendungen zunächst jedem Ehegatten zur Hälfte zugerechnet. Anschließend wird bei jedem Ehegatten die sog. Höchstbetragsberechnung und Günstigerprüfung durchgeführt.Hintergrund: Ehegatten, die zu
Beginn des Veranlagungszeitraums zusammengelebt haben, können statt der Zusammenveranlagung die Einzelveranlagung wählen. Jedem Ehegatten werden dann die eigenen Einkünfte zugerechnet. Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und Steuerermäßigungen werden grundsätzlich demjenigen Ehegatten zugerechnet, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat; allerdings können die Ehegatten einen übereinstimmenden Antrag stellen, dass die Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und Steuerermäßigungen jeweils zur Hälfte abgezogen werden.Sachverhalt: Die verheiratete
Klägerin beantragte für 2013 die Einzelveranlagung. Sie beantragte zudem zusammen mit ihrem Ehemann die hälftige Aufteilung der Sonderausgaben. Das Finanzamt setzte in einem ersten Schritt bei jedem Ehegatten diejenigen Sonderausgaben an, die der jeweilige Ehegatte selbst getragen hatte; in einem zweiten Schritt ermittelte es dann die Höchstbetragsberechnung und Günstigerprüfung für jeden Ehegatten gesondert. Für die Klägerin ergab sich ein Sonderausgabenbetrag von 2.981 €. Die Klägerin hielt den ersten Schritt der Berechnung für falsch, weil nach ihrer Auffassung die Sonderausgaben beiden Ehegatten zunächst zur Hälfte zuzurechnen seien; die Klägerin gelangte so zu einem Sonderausgabenabzug von 4.557 €.Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:-
Zunächst sind die Vorsorgeaufwendungen hälftig bei jedem
Ehegatten anzusetzen und nicht in der Höhe, in der sie jeder Ehegatte wirtschaftlich getragen hat. Erst im zweiten Schritt werden dann die Höchstbetragsberechnungen und Günstigerprüfungen individuell für jeden Ehegatten vorgenommen. -
Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Gesetzes, wonach
„sie“, nämlich die Aufwendungen – und nicht die Sonderausgaben als Summe der Berechnung –, hälftig abgezogen werden. Der Begriff der Aufwendungen wird im Gesetz zuvor genannt. -
Durch die hälftige Aufteilung der Aufwendungen erübrigt sich
die Prüfung, wer von beiden Ehegatten die jeweilige Belastung wirtschaftlich getragen hat.
Hinweise: Dem aktuellen
BFH-Urteil zufolge ist die Ausgangsgröße der Ermittlung der Sonderausgaben für beide Ehegatten gleich hoch, da jedem Ehegatten die Hälfte der Aufwendungen zugerechnet wird, unabhängig davon, wer die Aufwendungen getragen hat. Hiervon profitiert derjenige Ehegatte, der einen geringeren Teil der Aufwendungen getragen hat. Will der andere Ehegatte dies nicht, sollte er dem Antrag auf hälftigen Abzug nicht zustimmen.Die gleichen Grundsätze gelten für die außergewöhnlichen
Belastungen und Steuerermäßigungen: Auch hier werden die jeweiligen Aufwendungen zunächst jedem Ehegatten zur Hälfte zugerechnet, wenn der übereinstimmende Antrag beider Ehegatten gestellt wird. Bei den außergewöhnlichen Belastungen wird anschließend für jeden Ehegatten gesondert die sog. zumutbare Belastung errechnet und abgezogen. Bei der Steuerermäßigung ist keine weitere Berechnung erforderlich.BFH, Urteil v. 28.11.2019 – III R 11/18; NWB