Gewerbesteuer: Betreibt Unternehmer in einem Gebäude, aber in
getrennten Räumen, sowohl ein Eiscafé als auch einen Imbiss, hängt es vom
wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen Zusammenhang beider
Tätigkeiten ab, ob es sich um einen einheitlichen Gewerbebetrieb, um zwei
Teilbetriebe eines einheitlichen Gewerbebetriebs oder um zwei selbständige
Gewerbebetriebe handelt. Je verschiedenartiger die beiden Betätigungen (Imbiss
und Eiscafé) sind, desto intensiver muss der wirtschaftliche, organisatorische
und finanzielle Zusammenhang zwischen beiden Betätigungen sein, um zu einem
einheitlichen Gewerbebetrieb zu gelangen.

Hintergrund: Ein Unternehmer
kann mehrere selbständige Gewerbebetriebe unterhalten. Es ergeht dann für jeden
Gewerbebetrieb ein Gewerbesteuermessbescheid. Zu prüfen ist aber, ob die
unterschiedlichen Betätigungen nicht einen einheitlichen Gewerbebetrieb bilden.
Zu den steuerlichen Folgen s. den Abschnitt „Hinweise“ unten.

Sachverhalt: Der Kläger betrieb
unter seinem Namen in einem Gebäude in getrennten Räumlichkeiten sowohl einen
Imbiss als auch ein Eiscafé. Beide Geschäfte teilten sich das Inventar für den
Außenbereich, dieselbe Telefonnummer und eine Kundentoilette. Mehrere
Mitarbeiter waren für beide Geschäfte tätig. Zwar unterhielt der Kläger für
jedes Geschäft ein eigenes Bankkonto; beide Konten wurden aber bei derselben
Bank geführt und es galt für beide Konten eine einheitliche Kreditlinie. Im
Jahr 2014 übertrug der Kläger das Eiscafé auf seinen Sohn und im Jahr 2015 den
Imbiss auf seine Schwiegertochter. Der Kläger erzielte in den Streitjahren 2010
und 2011 mit dem Imbiss Gewinne von ca. 60.000 €, mit dem Eiscafé jedoch
Verluste von ca. 25.000 €. Das Finanzamt nahm eine Verrechnung des
Gewinns mit dem Verlust nicht vor, weil es von zwei getrennten Gewerbebetrieben
ausging.

Entscheidung: Der BFH verwies
die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht zurück:

  • Ob es sich um einen einheitlichen Gewerbebetrieb oder aber um
    selbständige Gewerbebetriebe handelt, hängt von den Umständen des Einzelfalls
    ab. Bei der Prüfung gelten die folgenden Grundsätze:

    Je gleichartiger die Betätigungen sind, desto eher liegt ein
    einheitlicher Gewerbebetrieb vor. Diese Vermutung wird aber widerlegt, wenn es
    keinen oder nur einen geringen wirtschaftlichen, organisatorischen und
    finanziellen Zusammenhang zwischen beiden Betätigungen gibt.

    Umgekehrt ist es, wenn die Betätigungen unterschiedlich sind.
    Hier spricht eine Vermutung für selbständige Gewerbebetriebe. Diese Vermutung
    wird aber widerlegt, wenn es einen intensiven wirtschaftlichen,
    organisatorischen und finanziellen Zusammenhang zwischen beiden Betätigungen
    gibt.

  • Der Streitfall lässt sich keiner der beiden Fallgruppen klar
    zuordnen. Denn die beiden Tätigkeiten „Imbiss“ und
    „Gastronomie“ waren zwar einerseits nicht gleichartig, aber
    andererseits auch nicht völlig unterschiedlich, da sich beide der Gastronomie
    zuordnen lassen und daher auch vom Statistischen Bundesamt derselben
    Gewerbeklasse zugerechnet werden.

  • Das FG muss nun berücksichtigen, dass es sich nicht um
    eindeutig verschiedene Betätigungen handelt und darf daher nicht so strenge
    Anforderungen an den wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen
    Zusammenhang stellen.

  • Sollte es sich um zwei selbständige Betriebe gehandelt haben,
    hätten getrennte Gewerbesteuermessbescheide ergehen müssen, die jeweils einen
    Hinweis auf den Betrieb enthalten. Anderenfalls könnten die Bescheide nicht
    hinreichend bestimmt und damit unwirksam sein; die Angabe lediglich
    unterschiedlicher Steuernummern würde nicht genügen.

Hinweis: Der BFH bezeichnet den
Fall als „Grenzfall“, weil er sich keiner Fallgruppe klar zuordnen
lässt. Der BFH hält es aber denkbar, dass es sich auch um zwei Teilbetriebe
eines einheitlichen Gewerbebetriebs gehandelt haben könnte. Dafür spräche, dass
der Kläger das Eiscafé im Jahr 2014 auf seinen Sohn übergeben hat.

Sollte es sich um zwei getrennte Gewerbebetriebe handeln, könnte
der Gewinn aus dem Imbiss nicht mit dem Verlust aus dem Eiscafé verrechnet
werden. Allerdings würde für jeden Betrieb ein gewerbesteuerlicher Freibetrag
von 24.500 € gewährt werden; dieser Freibetrag würde bei dem
verlustreichen Eiscafé aber ins Leere gehen.

Beim wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen
Zusammenhang geht es darum, ob sich die beiden Betätigungen gegenseitig stützen
und ergänzen (wirtschaftlicher Zusammenhang), ob dieselben Geschäftsräume
genutzt werden, dieselben Mitarbeiter beschäftigt werden und der Wareneinkauf
gemeinsam erfolgt (organisatorischer Zusammenhang) und ob gemeinsame Kassen und
Bankkonten geführt werden und die Gewinnermittlung einheitlich erfolgt
(finanzieller Zusammenhang).

BFH, Urteil vom 17.6.2020 – X R 15/18; NWB

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