Der BFH hat ernstliche Zweifel, ob disquotale Einlagen eines
GmbH-Gesellschafters in die Kapitalgesellschaft auch dann Schenkungsteuer
auslösen, wenn die disquotale Einlage aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses
dem Gesellschafter, der sie erbracht hat, personenbezogen zugeordnet wird und
wenn dementsprechend im Jahresabschluss die in die Kapitalrücklage eingestellte
Einlage diesem Gesellschafter individuell zugewiesen wird. Es könnte dann
nämlich an einer Werterhöhung der Anteile der übrigen Gesellschafter fehlen.
Hintergrund: Nach dem Gesetz
kann eine disquotale Einlage eines GmbH-Gesellschafters zur Schenkungsteuer
führen, wenn sich durch die disquotale Einlage der Wert der Anteile eines
anderen Gesellschafters erhöht. Eine disquotale Einlage liegt vor, wenn ein
Gesellschafter über seine Beteiligungsquote hinaus eine Einlage erbringt.
Beispiel: Nur einer von fünf Gesellschaftern leistet eine Einlage.
Sachverhalt: An der X-GmbH waren
fünf Gesellschafter (A, B, C, D und E) mit jeweils 20 % beteiligt. Sie
vereinbarten in der Satzung, dass sich die Gewinnverteilung nicht nach der
Beteiligungsquote, sondern nach der Höhe des jeweiligen Finanzierungsbeitrags
(z.B. Darlehensgewährung) des einzelnen Gesellschafters richtet. Im Jahr 2013
leisteten bis auf E alle Gesellschafter Zahlungen in die X-GmbH, die aufgrund
eines Gesellschafterbeschlusses in die Kapitalrücklage der X-GmbH gebucht und
im jeweiligen Jahresabschluss unter der Bilanzposition
„Kapitalrücklage“ einzeln ausgewiesen und den jeweiligen
Gesellschaftern der Höhe nach zugeordnet wurden. Ab 2015 leistete nur A
entsprechende Zahlungen in die X-GmbH. Die Gesellschafter beschlossen, dass A
insoweit eine entsprechende Auszahlung im Fall der Ausschüttung oder der
Liquidation der X-GmbH erhalten sollte; außerdem wurden in den
Jahresabschlüssen zum 31.12.2018 und 31.12.2019 die in die Kapitalrücklage
eingestellten Beträge sowie die in den Vorjahren erbrachten Einzahlungen
einzeln ausgewiesen und den jeweiligen Gesellschaftern der Höhe nach
zugeordnet. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Einzahlungen des A, B, C und
D zu einer Werterhöhung der Anteile der E geführt hätten, und erließ gegenüber
der E mehrere Schenkungsteuerbescheide. Diese legte gegen die Bescheide
Einspruch ein und beantragte eine Aussetzung der Vollziehung.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gewährte die Aussetzung der Vollziehung, weil es
ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Schenkungsteuerbescheide gab:
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Zwar unterliegt eine disquotale Einlage der Schenkungsteuer,
wenn sich hierdurch der Wert der Anteile eines anderen Gesellschafters der GmbH
erhöht. Es ist jedoch zweifelhaft, ob der Wert der Anteile der E durch die
disquotalen Einlagen von A, B, C und D erhöht wurde. -
Aus den Beschlüssen der Gesellschafter der X-GmbH der Jahre
2018 und 2019 sowie aus den Jahresabschlüssen für die Jahre 2013 bis 2019
ergibt sich, dass im Fall der Liquidation oder Auflösung der X-GmbH nur die
einzahlenden Gesellschafter, also A, B, C und D, von ihren Einzahlungen
profitieren sollten, nicht aber E. Denn die in die Kapitalrücklage
eingestellten Beträge wurden dem jeweils einzahlenden Gesellschafter und damit
gesellschafterbezogen zugeordnet. Die E profitierte daher von den Einzahlungen
nicht. -
Offenbleiben kann, ob sich ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit der Schenkungsteuerbescheide auch daraus ergeben, dass die
Gesellschafter, die disquotale Einlagen erbrachten, im Verhältnis ihrer
Finanzierungsleistungen an den Gewinnausschüttungen teilnahmen, so dass ihren
disquotalen Einlagen eine Gegenleistung in Form entsprechend erhöhter
Ausschüttungen gegenüberstanden.
Hinweise: Der BFH weist darauf
hin, dass bislang noch nicht abschließend geklärt ist, ob die Wirksamkeit einer
gesellschafterbezogenen Zuordnung der Kapitalrücklage eine satzungsmäßige
Grundlage erfordert. Da es sich um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes
handelte, musste der BFH diese Frage nicht entscheiden; vielmehr genügte es für
die Annahme ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide, dass nach
der überwiegenden Auffassung des juristischen Schrifttums die
Schenkungsteuerbarkeit jedenfalls dann entfällt, wenn die disquotale Einlage
aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung dem einzahlenden Gesellschafter
persönlich zugeordnet wird.
Auch die die Finanzverwaltung hält es nicht für erforderlich, dass
in der Satzung eine Vereinbarung über die persönliche Zuordnung der
Einzahlungen getroffen werden muss, sondern es genügt eine entsprechende
„reguläre“ schuldrechtliche Vereinbarung unter den
Gesellschaftern.
Quelle: BFH, Beschluss vom 6.6.2025 – II B 43/24 (AdV);
NWB