Verkauft ein Gesellschafter einer Sozietät seine Beteiligung zum
Nennwert an einen Pool-Treuhänder, der die Beteiligung treuhänderisch hält, bis
ein neuer Gesellschafter gefunden ist, löst dies keine Schenkungsteuer aus.
Weder handelt es sich um ein steuerbares Ausscheiden gegen Abfindung unter dem
tatsächlichen Wert, noch handelt es sich um eine unentgeltliche Zuwendung an
die verbleibenden Gesellschafter.

Hintergrund: Zu den Schenkungen
gehören nicht nur unentgeltliche Zuwendungen, sondern auch das Ausscheiden
eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft gegen Abfindung, die unter
dem tatsächlichen Wert der Beteiligung liegt; denn dann profitieren die
verbleibenden Gesellschafter von der Wertdifferenz, weil die
Personengesellschaft eine zu niedrige Abfindung zahlt und die Beteiligung des
ausscheidenden Gesellschafters den verbleibenden Gesellschaftern zuwächst.

Sachverhalt: Der Kläger war
Sozius einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und hielt eine Beteiligung zum
Nennwert von 50.000 €. Die Gesellschafter hatten ein sog.
Pool-Treuhändermodell vereinbart: Danach sollte jeder Gesellschafter bei
Vollendung seines 63. Lebensjahres seine Beteiligung, die für jeden
Gesellschafter 50.000 € betrug, an einen Pool-Treuhänder zum Preis von
50.000 € übertragen, der ebenfalls Gesellschafter war. Eine Vergütung
für die stillen Reserven, insbesondere den Mandantenstamm, erfolgte also nicht.
Der Pool-Treuhänder sollte die Beteiligung verwahren, bis ein neuer
Gesellschafter gefunden wurde, und die Beteiligung dann an den neuen
Gesellschafter wieder für 50.000 € verkaufen; die von ihm treuhänderisch
gehaltene Beteiligung vermittelte während der Dauer der Treuhandschaft weder
Stimm- noch Gewinnbezugsrechte.

Im Jahr 2005 verkaufte der Gesellschafter X seine Beteiligung für
50.000 € an den Pool-Treuhänder. Das Finanzamt sah darin zunächst eine
Schenkung des X an die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Hiergegen klagte die
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und hatte vor dem Bundesfinanzhof (BFH) Erfolg.
Daraufhin setzte das Finanzamt Schenkungsteuer gegen die übrigen Gesellschafter
fest, u.a. gegen den Kläger.

Entscheidung: Der BFH gab der
Klage statt:

  • Die Schenkungsteuer ist schon deshalb rechtswidrig, weil der
    Kläger die Beteiligung gar nicht erhalten hat und auch nicht mittelbar vom Wert
    der Beteiligung des X profitiert hat, sondern nur der Pool-Treuhänder die
    Beteiligung des X erhalten hat. Für die Schenkungsteuer ist das Zivilrecht
    maßgeblich, und zivilrechtlich wird der Treuhänder Inhaber der Beteiligung. Die
    dem Treuhänder zivilrechtlich zustehende Beteiligung kann nicht wirtschaftlich
    dem Kläger anteilig zugerechnet werden; denn eine wirtschaftliche Betrachtung
    gibt es im Schenkungsteuerrecht grundsätzlich nicht.

  • Zwar ist ein Ausscheiden des Gesellschafters gegen Abfindung,
    die niedriger ist als der tatsächliche Wert der Beteiligung,
    schenkungsteuerbar. Der Kläger ist aber nicht gegen Abfindung ausgeschieden,
    sondern hat seine Beteiligung verkauft, und zwar an den Pool-Treuhänder. Der
    Verkauf zu einem – ggf. zu niedrigen – Kaufpreis ist mit einem
    Ausscheiden gegen Abfindung nicht gleichzusetzen.

  • Es handelt sich auch nicht um eine „klassische“
    Schenkung an den Kläger und an die verbliebenen Gesellschafter. Denn hierfür
    wäre ein Wille des X zur Unentgeltlichkeit erforderlich gewesen. Die
    Übertragung auf den Pool-Treuhänder war aber gesellschaftsvertraglich
    vereinbart gewesen und erfolgte daher nicht unentgeltlich. Denn jeder
    Gesellschafter war verpflichtet, seine Beteiligung bei Vollendung des 63.
    Lebensjahres auf den Pool-Treuhänder zu übertragen.

Hinweise: Der BFH hat einen
Gestaltungsmissbrauch abgelehnt. Dieser wäre nur dann anzunehmen, wenn ein
– steuerbares – Ausscheiden gegen Abfindung unter dem tatsächlichen
Wert durch einen Kaufvertrag verdeckt wird. Beim Pool-Treuhändermodell ist eine
derartige missbräuchliche Gestaltung aber nicht zu bejahen, weil der Treuhänder
die Beteiligung nur hält, bis ein neuer Gesellschafter gefunden wird. Zudem hat
der X seine Beteiligung zum selben Preis verkauft, wie er sie gekauft hat.

Das BFH-Urteil ist insbesondere für freiberufliche Sozietäten
ausgesprochen positiv, weil der BFH eine Belastung mit Schenkungsteuer verneint
und weil der Verkauf der Beteiligung zum Buchwert, d.h. ohne Vergütung der
stillen Reserven, grundsätzlich auch keine Einkommensteuer auslöst. Dadurch
wird eine Umstrukturierung bei Sozietäten deutlich erleichtert.

BFH, Urteil vom 6.5.2020 – II R 34/17; NWB

Hauptniederlassung

Hauptstr. 40
26789 Leer

0491 91999-0
0491 91999-30

info@juerrens-kollegen.de

Mo. - Do.:

07:30 - 13:00 Uhr

13:30 - 16:00 Uhr

Fr.:

07:30 - 12:30 Uhr

Zweigniederlassung

Tichelwarfer Str. 51
26826 Weener

04951 91312-0
04951 91312-18

info@juerrens-kollegen.de

Mo. - Do.:

09:00 - 12:30 Uhr

14:00 - 16:00 Uhr

Fr.:

09:00 - 12:30 Uhr

Rechtliches

• Impressum

• Datenschutz