Ändert ein gemeinnütziger Verein seine Satzung, wird die
Satzungsänderung erst mit der Eintragung im Vereinsregister wirksam. Daher darf
erst auf den Zeitpunkt der Eintragung im Vereinsregister der bisherige
Feststellungsbescheid, mit dem die Erfüllung der satzungsmäßigen
Voraussetzungen festgestellt worden ist, aufgehoben werden. Eine Aufhebung
bereits auf den Zeitpunkt des Beschlusses über die Satzungsänderung ist
rechtswidrig.
Hintergrund: Bei gemeinnützigen
Körperschaften wird die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen durch
einen Bescheid gesondert festgestellt. Hierdurch erhält die Körperschaft, z.B.
ein Verein, Klarheit über ihren Gemeinnützigkeitsstatus. Tritt bei den für die
Feststellung erheblichen Verhältnissen eine Änderung ein, ist der
Feststellungsbescheid mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse
aufzuheben.
Sachverhalt: Der Kläger ist ein
eingetragener und im Jahr 1996 gegründeter Verein, der zunächst im Bereich der
Kinder- und Jugendpflege tätig war. Das Finanzamt stellte mit Bescheid vom
18.11.2014 fest, dass die Satzung des Klägers die Voraussetzungen der
Gemeinnützigkeit erfüllt. Bereits am 2.9.2014 hatten die Vereinsmitglieder eine
Satzungsänderung beschlossen, nach der der Verein nunmehr noch in weiteren
Bereichen tätig werden sollte, z.B. auf dem Gebiet der deutsch-polnischen
Zusammenarbeit oder der Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements. Die
Satzungsänderung wurde am 26.1.2015 im Vereinsregister eingetragen. Mit
Bescheid vom 11.1.2016 hob das Finanzamt den Feststellungsbescheid vom
18.11.2014 mit Wirkung ab 2.9.2014 (Tag des Beschlusses der Satzungsänderung)
auf. Der Kläger wandte sich gegen den Aufhebungsbescheid.
Entscheidung: Der BFH gab der
Klage statt:
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Die Aufhebung eines Feststellungsbescheids, in dem die
Erfüllung der Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit festgestellt wird, setzt
eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse, die für die Feststellung
erheblich sind, voraus. -
Eine Änderung der Verhältnisse aufgrund einer Satzungsänderung
tritt erst dann ein, wenn die Satzungsänderung zivilrechtlich
wirksam wird. -
Für die zivilrechtliche Wirksamkeit ist die Eintragung der
Satzungsänderung in das Vereinsregister erforderlich. Dies erfolgte erst am
26.1.2015 und nicht bereits am 2.9.2014. Damit erfolgte die Aufhebung des
Feststellungsbescheids zu früh, da das Finanzamt den Feststellungsbescheid
bereits mit Wirkung ab dem 2.9.2014 aufgehoben hat.
Hinweis: Zwar hat der Verein das
Verfahren gewonnen. Das Finanzamt wird aber möglicherweise noch prüfen, ob es
den Feststellungsbescheid zum 26.1.2015 aufheben kann.
Die Feststellung der Satzungsmäßigkeit ist wichtig für die Spender
und Mitglieder des Vereins, die Spenden und Mitgliedsbeiträge leisten und
anhand des Feststellungsbescheids erkennen können, dass der Verein nach seiner
Satzung gemeinnützig ist. Der Feststellungsbescheid betrifft aber nur die sog.
formelle Satzungsmäßigkeit, also die Vereinbarkeit der Satzung mit dem
steuerlichen Gemeinnützigkeitsrecht. Der Feststellungsbescheid enthält keine
Aussage zu der Frage, ob die tatsächliche Geschäftsführung des Vereins mit der
Satzung vereinbar ist.
BFH, Urteil v. 23.7.2020 – V R 40/18; NWB