Verpflichtet sich der Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmern
zur Gewährung von zwei Tagen Altersfreizeit pro Jahr der Betriebszugehörigkeit,
muss er hierfür eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten
gewinnmindernd bilden. Dies gilt auch dann, wenn die Arbeitnehmer die für die
Altersfreizeit erforderlichen Bedingungen, nämlich eine Betriebszugehörigkeit
von zehn Jahren und die Vollendung des 60. Lebensjahres, am Bilanzstichtag noch
nicht erfüllt haben.
Hintergrund: Für ungewisse
Verbindlichkeiten, die entweder dem Grunde oder der Höhe nach am Bilanzstichtag
noch nicht feststehen, sind Rückstellungen zu bilden, die den Gewinn mindern.
Die spätere Erfüllung der Verbindlichkeiten erfolgt dann gewinnneutral.
Sachverhalt: Die Klägerin war
Arbeitgeberin und bilanzierte. Nach dem Manteltarifvertrag war sie
verpflichtet, ihren Arbeitnehmern eine sog. Altersfreizeit zu gewähren, wenn
die Arbeitnehmer mindestens zehn Jahre ununterbrochen für die Klägerin tätig
waren und das 60. Lebensjahr vollendet haben; die Altersfreizeit betrug dann 2
Tage für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit. Die Klägerin bildete für diese
Verpflichtung zum 31.12.2016 eine Rückstellung in Höhe von 349.000 €.
Das Finanzamt erkannte die Rückstellung nicht an.
Entscheidung: Der BFH gab der
Klägerin Recht und erkannte die Rückstellung an:
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Am Bilanzstichtag bestand eine der Höhe nach ungewisse
Verpflichtung, soweit die Arbeitnehmer am Bilanzstichtag die Voraussetzungen
für die Altersfreizeit bereits erfüllt hatten, also seit mindestens zehn Jahren
im Betrieb beschäftigt waren und das 60. Lebensjahr vollendet hatten. Hierfür
war eine Rückstellung zu bilden. -
Soweit die Arbeitnehmer die Voraussetzungen am Bilanzstichtag
noch nicht erfüllt hatten, war ebenfalls eine Rückstellung zu passivieren. Zwar
war am Bilanzstichtag noch keine Verbindlichkeit entstanden; jedoch war das
künftige Entstehen einer Verbindlichkeit,
pro Jahr der Betriebszugehörigkeit zwei Tage Altersfreizeit zu gewähren,
hinreichend wahrscheinlich; denn es sprachen
mehr Gründe für das Entstehen der Verbindlichkeit als dagegen. Soweit nicht
alle Arbeitnehmer die Voraussetzungen erfüllen, sondern vorher ausscheiden
werden, ist dies durch einen sog. Fluktuationsabschlag zu berücksichtigen und
die Rückstellung entsprechend zu mindern. -
Zwar dürfen Ansprüche und Verbindlichkeiten aus einem
schwebenden Geschäft nicht bilanziert
werden, weil sie sich grundsätzlich ausgleichen. Etwas anderes gilt jedoch,
wenn sich eine Vertragspartei in einem
Erfüllungsrückstand befindet. Dies war hier
der Fall; denn der Kläger musste noch die freien Tage gewähren, während die
Arbeitnehmer bereits jährlich ihre Arbeitsleistung erbracht hatten. Die
Arbeitnehmer waren insoweit also in Vorleistung
getreten. -
Die ungewisse Verbindlichkeit war auch bereits durch das
abgelaufene Wirtschaftsjahr wirtschaftlich verursacht worden. Es handelte sich
bei der Altersfreizeit nämlich um ein Entgelt für die Arbeitsleistung der
Arbeitnehmer, da es an die Dauer der Betriebszugehörigkeit anknüpfte und für
jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit zwei Tage Freizeit gewährt wurden.
Hinweise: Die Höhe der
Rückstellung war unstreitig. Die Klägerin hatte die Rückstellung abgezinst, da
die Laufzeit der Verpflichtung am 31.12.2016 mindestens zwölf Monate betrug.
Außerdem hatte die Klägerin einen Fluktuationsabschlag vorgenommen, da nicht
alle Arbeitnehmer im Betrieb bleiben werden, bis sie das 60. Lebensjahr
vollendet bzw. die zehnjährige Zugehörigkeitsdauer erreicht haben.
Nach dem BFH ist die Rückstellung für Altersfreizeit mit einer
Rückstellung für eine Jubiläumszusage zu
vergleichen, bei der sich der Arbeitgeber verpflichtet, dem
Arbeitnehmer bei Erreichen einer bestimmten Beschäftigungsdauer, z.B. nach 15
Jahren, eine Prämie zu zahlen. Für eine Jubiläumszusage ist ebenfalls eine
Rückstellung zu bilden, wobei steuerlich bestimmte Voraussetzungen, z.B. die
Schriftform, zu beachten sind.
Quelle: BFH, Urteil vom 5.6.2024 – IV R 22/22; NWB