Prozesskosten, die der Steuerpflichtige aufwendet, um von seinem
geschiedenen Ehegatten höheren Unterhalt zu erlangen, sind nur dann als
außergewöhnliche Belastungen absetzbar, wenn ohne den höheren Unterhalt die
Existenzgrundlage des Steuerpflichtigen gefährdet wäre. Dies ist zu verneinen,
wenn das Einkommen aus Arbeit, anderen Einkunftsquellen wie z.B. Immobilien und
dem bisherigen Unterhalt über dem steuerlichen Existenzminimum liegt.

Hintergrund: Außergewöhnliche
Belastungen sind Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig
entstehen. Nach dem Gesetz gehören Prozesskosten nicht zu den außergewöhnlichen
Belastungen, es sei denn, dass der Steuerpflichtige Gefahr läuft, seine
Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem
üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

Sachverhalt: Die Klägerin
beantragte im Jahr 2012 die Scheidung von ihrem Ehemann. Im laufenden
Scheidungsverfahren beantragte sie Anfang November 2013 Trennungsunterhalt in
Höhe von ca. 1.500 € monatlich. Im September 2014 wurde die Ehe
geschieden. Zu Gunsten der Klägerin wurde ein Versorgungsausgleich
durchgeführt, und sie sollte einen nachehelichen Aufstockungsunterhalt von ca.
580 € monatlich erhalten. Gegen die aus ihrer Sicht zu niedrige Höhe des
Unterhalts wehrte sich die Klägerin und legte Beschwerde gegen die gerichtliche
Entscheidung ein. Im Jahr 2015 schlossen die Klägerin und ihr geschiedener
Ehemann einen Vergleich, nach dem die Klägerin einen nachehelichen Unterhalt
von monatlich ca. 900 € erhalten sollte. Sie machte die ihr entstandenen
Gerichts- und Anwaltskosten von fast 5.000 € als außergewöhnliche
Belastungen geltend, die das Finanzgericht nicht anerkannte.

Entscheidung: Das Finanzgericht
Münster (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Der Abzug von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen
    ist nach dem Gesetz grundsätzlich nicht möglich. Etwas anderes gilt nur dann,
    wenn ohne die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen die Existenzgrundlage
    gefährdet wäre. Im Streitfall war die Existenzgrundlage der Klägerin nicht
    gefährdet.

  • Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung, ob die
    Existenzgrundlage gefährdet ist, ist die gerichtliche Antragstellung, die im
    November 2013 erfolgt ist. Daher kommt es auf die Einkommens- und
    Vermögensverhältnisse der Klägerin im Jahr 2013 an.

  • Im Jahr 2013 erzielte die Klägerin aus ihrer befristeten
    Angestelltentätigkeit einen Bruttoarbeitslohn von ca. 2.400 € monatlich.
    Dass ihr Arbeitsvertrag befristet war, ist unbeachtlich, da auch
    unternehmerische Einkünfte ihrer Natur nach nicht unbefristet, sondern unsicher
    sind.

  • Ferner erwirtschaftete die Klägerin Einnahmen aus der
    Vermietung zweier Mietwohnungen. Zwar waren die Einkünfte aus den beiden
    Objekten in den Jahren 2013 und 2014 noch negativ; dies lag aber an höheren
    Erhaltungsaufwendungen. Ab 2015 waren die Mieteinkünfte positiv.

  • Darüber hinaus erhielt die Klägerin noch einen monatlichen
    Unterhalt von ca. 580 € monatlich. Außerdem wurde im Scheidungsverfahren
    ein Versorgungsausgleich zu ihren Gunsten durchgeführt.

Hinweise Wegen der
Anonymisierung von Entscheidungen ergibt sich die Höhe der jeweiligen Einnahmen
leider nur teilweise.

Dem FG zufolge konnte die Klägerin – ohne den Unterhalt
– auf fast 1.200 € monatlich als frei verfügbares Einkommen
zugreifen. Dieser Betrag von jährlich fast 14.400 € lag bereits deutlich
über dem im Jahr 2013 gültigen steuerlichen Existenzminimum von 8.130 €;
eine Gefährdung der Arbeitnehmerstellung oder des Immobilienvermögens war nicht
anzunehmen, zumal die Klägerin inzwischen unbefristet beschäftigt ist.

Aktuell beträgt das steuerliche Existenzminimum 11.604 €
jährlich und soll ruckwirkend für 2024 auf 11.784 € steigen.

Quelle: FG Münster, Urteil vom 18.9.2024 – 1 K 494/18 E;
NWB

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