Der Bundesfinanzhof (BFH) hat eine weitere Entscheidung zur
Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags bei Steuerpflichtigen, die keine
gewerblichen Einkünfte erzielen, veröffentlicht. Danach ist es
verfassungsgemäß, dass der Solidaritätszuschlag für Gewerbetreibende, die
Gewerbesteuer zahlen, niedriger ausfallen kann als bei Steuerpflichtigen, die
keine gewerblichen Einkünfte erzielen und daher auch keine Gewerbesteuer
zahlen.

Hintergrund: Der
Solidaritätszuschlag beträgt 5,5 % der Einkommensteuer. Zahlt der
Steuerpflichtige Gewerbesteuer, wird diese auf die Einkommensteuer angerechnet,
und zwar maximal mit dem 3,8fachen des festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags.
Dies entspricht einem Gewerbesteuerhebesatz von 380 %. Die Einkommensteuer
mindert sich aufgrund der Anrechnung der Gewerbesteuer, so dass auch der
Solidaritätszuschlag entsprechend niedriger ausfällt.

Sachverhalt: Die Kläger waren
Eheleute, die im Streitjahr 2011 überwiegend Einkünfte aus nichtselbständiger
Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung, aber und nur im geringen Umfang
gewerbliche Einkünfte erzielten. Das zu versteuernde Einkommen betrug ca.
142.000 €. Das Finanzamt setzte Einkommensteuer in Höhe von ca.
50.000 € und einen Solidaritätszuschlag in Höhe von ca.
2.750 € fest. Der Hebesatz für die Gewerbesteuer belief sich in der
Gemeinde der Kläger auf 340 %. Die Kläger beantragten, dass für Zwecke der
Festsetzung des Solidaritätszuschlags ihre Einkünfte wie gewerbliche Einkünfte
behandelt würden, so dass eine fiktive Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer
anzurechnen wäre und der Solidaritätszuschlag entsprechend zu mindern sei.

Entscheidung: Der BFH wies die
Klage ab:

  • Der Solidaritätszuschlag ist entsprechend dem Gesetz
    festgesetzt worden. Er richtet sich nach der Höhe der Einkommensteuer, die
    durch die Anrechnung gezahlter Gewerbesteuer gemindert wird. Die Kläger haben
    aber keine Gewerbesteuer gezahlt.

  • Zwar werden Steuerpflichtige, die Gewerbesteuer zahlen, beim
    Solidaritätszuschlag stets begünstigt, weil ihre Bemessungsgrundlage, nämlich
    die Einkommensteuer, aufgrund der Anrechnung der Gewerbesteuer gemindert wird.
    Bei einem Gewerbesteuerhebesatz von 200 % – dies ist der gesetzliche
    Mindesthebesatz – bis zu 380 % wird die Einkommensteuer kontinuierlich
    gemindert. Bei einem Hebesatz von 380 % ist die Einkommensteuer am
    niedrigsten und verharrt auch bei höheren Gewerbesteuerhebesätzen auf diesem
    Niveau, stagniert also.

  • Bezieht man aber im Rahmen einer Gesamtbetrachtung auch die
    Gewerbesteuer und den Solidaritätszuschlag ein, ergibt sich eine Belastung für
    Gewerbebetreibende, wenn der Hebesatz über 400,9 % liegt. Dann zahlt ein
    Gewerbetreibender insgesamt mehr Steuern (Einkommen- und Gewerbesteuer sowie
    Solidaritätszuschlag) als ein Nicht-Gewerbetreibender, der keine Gewerbesteuer
    zahlen muss. Der gewerbesteuerpflichtige Unternehmer wird bei einem Hebesatz
    von über 400,9 % von der Gewerbesteuer nämlich nicht mehr durch eine
    Minderung der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlags vollständig
    entlastet, sondern muss zusätzlich zur geminderten Einkommensteuer und zum
    geminderten Solidaritätszuschlag noch Gewerbesteuer zahlen, die höher ist als
    die Entlastung bei der Einkommensteuer und beim Solidaritätszuschlag.

  • Im Ergebnis durfte der Gesetzgeber auf einen
    durchschnittlichen Gewerbesteuerhebesatz von 400 % abstellen und damit bei
    der Entlastungswirkung unterscheiden, ob der Hebesatz mehr als 400 % (dann
    steuerliche Mehrbelastung) oder weniger als 400 % (dann steuerliche
    Entlastung) beträgt.

Hinweise: Der BFH hatte bereits
vor Kurzem eine vergleichbare Entscheidung veröffentlicht; das aktuelle Urteil
ist nachträglich zur Veröffentlichung bestimmt worden. Es ist insofern von
Bedeutung, weil in dem jetzt veröffentlichten Urteil auch der konkrete Hebesatz
für die Gewerbesteuer genannt wird, nämlich 340 %. Für die Kläger bedeutet
dies, dass sie schlechter gestellt werden als Gewerbebetreibende. Der BFH hält
dies trotzdem für verfassungsgemäß, weil Steuerpflichtige in anderen Gemeinden
mit Hebesätzen von mehr als 400,9 % höher belastet werden als die Kläger.

Bei der Kirchensteuer wird die Anrechnung der Gewerbesteuer
übrigens nicht berücksichtigt; hierzu gibt es eine ausdrückliche gesetzliche
Regelung, die beim Solidaritätszuschlag fehlt.

Der Solidaritätszuschlag als solcher ist verfassungsgemäß. Der BFH
hält hieran auch für das Streitjahr 2011 fest.

BFH, Urteil v. 14.11.2018 – II R 63/15; NWB

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