Erwirbt der Unternehmer ein Kfz, für das er einen
Investitionsabzugsbetrag gebildet hat, muss er die ganz überwiegend
betriebliche Nutzung des Kfz nicht zwingend durch ein ordnungsgemäßes
Fahrtenbuch nachweisen, sondern kann auch andere Beweismittel wie z.B. zeitnah
geführte Aufzeichnungen vorlegen.
Hintergrund: Unternehmer können
unter bestimmten Voraussetzungen für künftige Anschaffungen einen
Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 50 % (bis einschließlich 2019: 40 %)
bilden, der ihr Einkommen mindert. Voraussetzung ist u.a., dass das
angeschaffte Wirtschaftsgut zu mindestens 90 % betrieblich genutzt wird.
Sachverhalt: Der Kläger war selbständiger Versicherungsvertreter
und bildete im Jahr 2011 in seiner Einnahmen-Überschussrechnung einen
Investitionsabzugsbetrag für die Anschaffung eines Pkw. Im Jahr 2014 erwarb er
den Pkw, rechnete den Investitionsabzugsbetrag hinzu und machte in gleicher
Höhe eine Sonderabschreibung geltend. Den Umfang der betrieblichen Nutzung
wollte er durch ein Fahrtenbuch nachweisen; jedoch war das Fahrtenbuch nicht
ordnungsgemäß. Das Finanzamt ging daher von einer mehr als 10 %igen
Privatnutzung aus und machte sowohl den Investitionsabzugsbetrag im Jahr 2011
als auch die Sonderabschreibung und die Hinzurechnung im Jahr 2014 rückgängig.
Entscheidung: Der BFH hat die
Sache an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen, das nun anhand weiterer
Beweismittel prüfen muss, ob der Kläger den Pkw zu mehr als mindestens 90 %
betrieblich genutzt hat:
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Der Investitionsabzugsbetrag und die Sonderabschreibung setzen
voraus, dass der Pkw zu mindestens 90 % betrieblich genutzt wird. Die
mindestens 90 %ige betriebliche Nutzung kann durch ein ordnungsgemäßes
Fahrtenbuch nachgewiesen werden. -
Ein Nachweis ist nicht durch Anwendung der sog. 1 %-Methode
möglich. Denn der 1 %-Methode entspricht ein privater Nutzungsanteil von ca. 20
% bis 25 %; zum einen wird 1 % pro Monat angesetzt, so dass sich jährlich
bereits 12 % ergeben, und zum anderen werden die 12 % jährlich stets auf den
Neuwert (Bruttolistenpreis) angewendet. -
Auch wenn der Nachweis durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch
geführt werden kann, bedeutet dies nicht, dass bei einem nicht ordnungsgemäßen
Fahrtenbuch von einer mehr als 10 %igen privaten Nutzung des Pkw im Rahmen des
Investitionsabzugsbetrags auszugehen ist. Der Gesetzgeber macht hinsichtlich
des Nachweises im Rahmen des Investitionsabzugsbetrags nämlich keine Vorgaben.
Die Pflicht zur Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs besteht nur im
Rahmen der Bewertung der Privatnutzung, wenn der Unternehmer von der 1
%-Methode abweichen will. -
Der Unternehmer kann daher den Umfang der mindestens 90 %igen
betrieblichen Nutzung auch durch andere Beweismittel führen, z.B. durch
zeitnahe Aufzeichnungen.
Hinweise: Der Gesetzgeber hat
die Pflicht zur Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs nur an einer Stelle
im Gesetz geregelt, nämlich bei der Bewertung der Privatnutzung eines
betrieblichen Kfz, wenn der Unternehmer die 1 %-Methode nicht anwenden will.
Der Gesetzgeber hat aber versäumt, diese Pflicht auch auf die Regelung zum
Investitionsabzugsbetrag zu übertragen. Daher kann der Unternehmer den Umfang
einer mindestens 90 %igen betrieblichen Kfz-Nutzung auf andere Weise
nachweisen.
Zwar klingt das Urteil positiv für Unternehmer; praktisch wird die
Nachweisführung aber schwierig, wenn der Unternehmer glaubte, ein
ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt zu haben. Er wird dann keine anderen
Beweismittel haben, wenn sich die Fehlerhaftigkeit seines Fahrtenbuchs
herausstellt.
BFH, Urteil vom 15.7.2020 – III R 62/19; NWB