Der Betreiber einer
Photovoltaikanlage, die seit dem Jahr 2022 steuerfrei betrieben wird, kann im
Jahr 2022 noch nachträgliche Betriebsausgaben, die den Zeitraum bis
einschließlich 2021 betreffen, geltend machen. Die ab 2022 geltende
Steuerfreiheit führt nicht dazu, dass Betriebsausgaben, die den Zeitraum bis
einschließlich 2021 betreffen, nicht mehr abziehbar sind.

Hintergrund: Gewinne aus
dem Betrieb kleiner Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von maximal 30 kW
(peak) sind unter bestimmten Voraussetzungen seit dem 1.1.2022 steuerfrei.

Sachverhalt: Der
Antragsteller betrieb seit 2020 eine Photovoltaikanlage auf seinem
Einfamilienhaus. Die Einnahmen aus dem Betrieb der Anlage waren in den Jahren
2020 und 2021 steuerpflichtig, jedoch seit dem Jahr 2022 aufgrund der
gesetzlich eingeführten Steuerfreiheit steuerfrei. Der Antragsteller zahlte im
Streitjahr 2022 Steuerberatungskosten für die auf die Photovoltaikanlage
entfallende Beratung in den Jahren 2020 und 2021 sowie Umsatzsteuer für 2020
und 2021, die auf Einnahmen aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage in den
Jahren 2020 und 2021 entfiel. Das Finanzamt erkannte weder die
Steuerberatungskosten noch die Umsatzsteuernachzahlungen als Betriebsausgaben
im Jahr 2022 an. Der Antragsteller beantragte die Aussetzung der Vollziehung
des Einkommensteuerbescheids für 2022.

Entscheidung: Das
Finanzgericht Münster (FG) gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung statt:

  • Sowohl die
    Umsatzsteuernachzahlungen als auch die Steuerberatungskosten waren durch den
    Betrieb der Photovoltaikanlage veranlasst und sind daher grundsätzlich
    Betriebsausgaben.

  • Die seit 2022
    bestehende Steuerfreiheit für den Betrieb einer Photovoltaikanlage führt nicht
    dazu, dass im Jahr 2022 keine Betriebsausgaben mehr für Vorjahre geltend
    gemacht werden können.
    Zwar gibt es eine gesetzliche
    Regelung, nach der Ausgaben, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen
    Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen, nicht abgezogen werden dürfen.
    Diese Regelung greift im Streitfall jedoch nicht, weil weder die
    Steuerberatungskosten noch die Umsatzsteuerzahlungen mit den steuerfreien
    Einnahmen aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage im Jahr 2022 im Zusammenhang
    stehen. Vielmehr stehen die Steuerberatungskosten und die Umsatzsteuerzahlungen
    mit den steuerpflichtigen Einnahmen aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage in
    den Jahren 2020 und 2021 im Zusammenhang.

Hinweise: In einem
weiteren Verfahren hat das FG Münster einer Klage auf Abzug sog. nachlaufender
Betriebsausgaben ebenfalls stattgegeben. Die Finanzverwaltung hat gegen das
Urteil Revision eingelegt, die beim Bundesfinanzhof (BFH) unter dem
Aktenzeichen X R 30/24 anhängig ist. Das Finanzgericht Nürnberg hat dagegen in
einem vergleichbaren Fall den Betriebsausgabenabzug abgelehnt und dies damit
begründet, dass seit dem Jahr 2022 ein Gewinnermittlungsverbot bestehe. Gegen
das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg ist ebenfalls Revision beim BFH
eingelegt worden, so dass nun der BFH entscheiden muss, ob ein nachträglicher
Betriebsausgabenabzug ab dem Jahr 2022 noch möglich ist.

Hätte der Antragsteller im Jahr
2022 noch nachträgliche Einnahmen für 2021 erhalten, wären diese nach dem
Gesetz wohl steuerfrei. Dies ergibt sich allerdings aus der ausdrücklich ab
2022 angeordneten Steuerfreiheit, während es für nachträgliche
Betriebsausgaben, die ab dem Jahr 2022 für Vorjahre gezahlt werden, an einer
ausdrücklichen Regelung fehlt.

Quellen: FG Münster, Beschluss vom
21.10.2024 – 1 V 1757/24 E; FG Nürnberg, Urteil vom 19.9.2024 – 4 K
1440/23, BFH-Az. III R 35/24; NWB

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