Ein Einkommensteuerbescheid darf nach Eintritt der
Festsetzungsverjährung auch dann noch wegen des erstmaligen Ansatzes einer
verdeckten Gewinnausschüttung geändert werden, wenn anschließend der
Körperschaftsteuerbescheid der GmbH geändert wird und für den
Körperschaftsteuerbescheid noch keine Verjährung eingetreten ist. Der Erlass
des Körperschaftsteuerbescheids heilt nachträglich die Rechtswidrigkeit des
Einkommensteuerbescheids.

Hintergrund: Erhält ein
Gesellschafter einer GmbH von seiner GmbH eine überhöhte Zahlung, führt dies zu
einer verdeckten Gewinnausschüttung, die sich sowohl bei der Körperschaftsteuer
der GmbH als auch bei der Einkommensteuer des Gesellschafters auswirkt. Um
verfahrensrechtlich einen Gleichklang zwischen Körperschaftsteuer und
Einkommensteuer zu ermöglichen, sieht das Gesetz eine Änderungsmöglichkeit vor,
falls in einem der beiden Bescheide eine verdeckte Gewinnausschüttung angesetzt
wird; wird z.B. im Körperschaftsteuerbescheid der GmbH eine verdeckte
Gewinnausschüttung angesetzt, kann das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid
des Gesellschafters ändern. Hierfür hat es selbst dann noch ein Jahr Zeit, wenn
für die Einkommensteuer an sich bereits Verjährung eingetreten ist.

Sachverhalt: Der Kläger war
Alleingesellschafter der E-GmbH. Im Hintergrund der E-GmbH stand der D, der
Generalbevollmächtigter des Klägers war und auch das Gründungskapital für die
Gründung der E-GmbH bereitgestellt hatte. Im Jahr 2004 kam es infolge des
Verkaufs und Rückkaufs einer Yacht zu einem Geldabfluss bei der E-GmbH in Höhe
von 330.000 €; das Geld erhielt der D. Der Kläger gab die
Einkommensteuererklärung für 2004 im Jahr 2005 ab. Das Finanzamt führte bei der
E-GmbH eine Außenprüfung durch und gelangte zum Ansatz einer verdeckten
Gewinnausschüttung bei der E-GmbH in Höhe von 330.000 €. Den
entsprechenden Körperschaftsteuerbescheid für 2004 erließ das Finanzamt am
28.5.2010. Bereits am 17.5.2010 hatte das Finanzamt aber einen geänderten
Einkommensteuerbescheid für 2004 gegenüber dem Kläger erlassen und die
verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 330.000 € angesetzt. Der Kläger
machte insoweit Festsetzungsverjährung geltend.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Die Auszahlung des Betrags von 330.000 € an D
    führte zu einer verdeckten Gewinnausschüttung bei der GmbH und beim Kläger.
    Denn der D war eine dem Kläger in tatsächlicher Hinsicht nahestehende Person.
    So hatte der Kläger dem D eine Generalvollmacht erteilt, damit D die
    Gesellschafter- und Geschäftsführungsbefugnisse des Klägers ausüben kann. Der D
    hatte den Kläger gebeten, die E-GmbH zu gründen, und hatte dem Kläger hierfür
    das Gründungskapital bereitgestellt. Hierfür hatte der D dem Kläger in Aussicht
    gestellt, den Lebensunterhalt des Klägers über das laufende Einkommen hinaus
    aufzubessern. Damit bestand eine Geschäftsbeziehung zwischen dem Kläger und dem
    D, so dass die Zuwendung an D, für die es keinen betrieblichen Grund gab, dem
    Kläger als verdeckte Gewinnausschüttung zuzurechnen war.

  • Zwar war für die Einkommensteuer 2004 im Jahr 2010 an sich
    bereits Festsetzungsverjährung eingetreten. Denn die vierjährige
    Verjährungsfrist begann mit Ablauf des 31.12.2005, da der Kläger im Jahr 2005
    die Einkommensteuererklärung für 2004 abgegeben hatte. Damit trat an sich zum
    31.12.2009 die Festsetzungsverjährung ein.

  • Jedoch sieht das Gesetz eine
    Ablaufhemmung von einem Jahr vor, wenn für
    die GmbH ein Körperschaftsteuerbescheid ergeht, in dem eine verdeckte
    Gewinnausschüttung angesetzt wird. Zwar setzt diese Regelung voraus, dass
    zunächst – oder zumindest gleichzeitig – der
    Körperschaftsteuerbescheid ergeht und dann innerhalb eines Jahres der geänderte
    Einkommensteuerbescheid erlassen wird; diese Voraussetzung war im Streitfall
    nicht erfüllt, weil zunächst der Einkommensteuerbescheid geändert wurde und
    erst danach der Körperschaftsteuerbescheid geändert worden ist. Der geänderte
    Einkommensteuerbescheid vom 17.5.2010 war daher wegen Eintritts der Verjährung
    rechtswidrig.

  • Allerdings ist diese Rechtswidrigkeit durch den Erlass des
    geänderten Körperschaftsteuerbescheids am 28.5.2010
    nachträglich geheilt worden. Denn der
    geänderte Körperschaftsteuerbescheid vom 28.5.2010 hätte dem Finanzamt
    ermöglicht, innerhalb eines Jahres den Einkommensteuerbescheid zu ändern.

Hinweis: Der
Körperschaftsteuerbescheid vom 28.5.2010 war nicht verjährt, weil bei der
E-GmbH eine Außenprüfung durchgeführt worden war, die zu einer Ablaufhemmung
bei der Verjährung führte.

Im Streitfall ist der Körperschaftsteuerbescheid vom 28.5.2010
während des Einspruchsverfahrens gegen den Einkommensteuerbescheid vom
17.5.2010 geändert worden. Der BFH ließ offen, ob die nachträgliche Heilung
auch dann anzunehmen wäre, wenn der Körperschaftsteuerbescheid nach Abschluss
des Einspruchsverfahrens gegen den Einkommensteuerbescheid geändert worden
wäre.

BFH, Urteil v. 10.12.2019 – VIII R 2/17; NWB

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