Das Finanzamt kann die Gestattung
der umsatzsteuerlichen Ist-Besteuerung widerrufen, wenn der Unternehmer die
Ist-Besteuerung missbraucht. Ein solcher Missbrauch liegt vor, wenn der
Unternehmer Gesellschaften, an denen er beteiligt ist, Rechnungen mit
Umsatzsteuer ausstellt, so dass diese die Vorsteuer geltend machen können, die
Rechnungen jedoch nicht bezahlt, sondern seinem jeweiligen Verrechnungskonto
gutgeschrieben werden, so dass er mangels Bezahlung die Umsatzsteuer vorerst
nicht abzuführen braucht.

Hintergrund:
Grundsätzlich entsteht die Umsatzsteuer mit der Erbringung der Leistung, sog.
Soll-Besteuerung. Auf Antrag kann das Finanzamt unter bestimmten
Voraussetzungen die sog. Ist-Besteuerung gestatten; die Umsatzsteuer ist dann
erst in dem Anmeldungszeitraum abzuführen, in dem der Vertragspartner die
Rechnung bezahlt.

Sachverhalt: Der Kläger
war Unternehmer und an mehreren GmbH beteiligt, an die er umsatzsteuerbare
Geschäftsführungsleistungen erbrachte. Das Finanzamt gestattet ihm die
Ist-Besteuerung. Der Kläger stellte den GmbH im Zeitraum 2006 bis 2015 für
Geschäftsführerleistungen Entgelte i.H. von mehr als 1 Mio. € zuzüglich
Umsatzsteuer in Rechnung. Die GmbH bezahlten ca. 180.000 € und schrieben
den Restbetrag dem jeweiligen Verrechnungskonto des Klägers gut. Der Kläger
führte auf den Zahlungsbetrag von 180.000 € Umsatzsteuer an das
Finanzamt ab. Die GmbH machten die Vorsteuer auf den Gesamtbetrag von ca. 1
Mio. € geltend. Das Finanzamt stellte diese Vorgehensweise im Rahmen
einer Außenprüfung im Jahr 2015 fest und widerrief daraufhin die Gestattung der
Ist-Besteuerung. Gegen diesen Widerruf klagte der Kläger.

Entscheidung: Das
Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) wies die Klage ab:

  • Der Widerruf der Gestattung der Ist-Besteuerung war
    rechtmäßig, da die Ist-Besteuerung das Steueraufkommen gefährdete. Es kam
    nämlich zu einer erheblichen Diskrepanz zwischen dem Vorsteuerabzug der GmbH,
    der aufgrund der Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis unabhängig von der
    Bezahlung sogleich möglich war, und der Pflicht des Klägers zur Abführung der
    Umsatzsteuer, die erst mit der Bezahlung entstand. Diese Gestaltung war
    systematisch auf die Erlangung von Liquiditätsvorteilen
    ausgerichtet.

  • Die weiteren Voraussetzungen des Widerrufs waren erfüllt: Ohne
    Widerruf wäre das öffentliche Interesse gefährdet gewesen. Und das Finanzamt
    hat den Widerruf auch innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Jahr erklärt,
    nachdem es im Rahmen der Außenprüfung von der Gestaltung des Klägers erfahren
    hatte.

Hinweise: Sowohl die Gestattung
bzw. die Ablehnung des Antrags auf Gestattung der Ist-Besteuerung als auch der
Widerruf sind Verwaltungsakte, die mit einem Einspruch angefochten werden
können.

Ist die Gestattung der Ist-Besteuerung von vornherein rechtswidrig,
weil die Voraussetzungen nicht vorlagen, kann das Finanzamt die Gestattung
zurücknehmen. Die Rücknahme ist ebenso wie der Widerruf mit einem Einspruch
anfechtbar, ist aber an andere Voraussetzungen geknüpft als der Widerruf.

Die Ist-Besteuerung ist insbesondere dann zulässig, wenn der
Gesamtumsatz im Jahr 600.000 € nicht übersteigt oder wenn der
Unternehmer Freiberufler ist und nicht bilanziert.

FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.11.2020 – 3 K 1192/18;
NWB

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