Prozesskosten sind nur dann als außergewöhnliche Belastungen
absetzbar, wenn es in dem Prozess um die Existenzgrundlage geht. Darunter ist
die materielle Lebensgrundlage zu verstehen, so dass Prozesskosten für einen
Umgangsrechtsstreit oder wegen Schmerzensgelds nicht absetzbar sind. Dies gilt
auch für Verfahren wegen Schadensersatz oder wegen Kindesunterhalts, wenn die
materielle Existenzgrundlage nicht bedroht ist.

Hintergrund: Außergewöhnliche
Belastungen sind Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen zwangsläufig
entstehen, und zwar in einem größeren Umfang als der überwiegenden Anzahl der
Steuerpflichtigen. Ein typisches Beispiel sind Krankheitskosten. Der
Gesetzgeber hat den Abzug von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen
ausdrücklich ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne
die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und
seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr
befriedigen zu können.

Sachverhalte: Der
Bundesfinanzhof (BFH) musste über zwei Verfahren entscheiden. In dem einen
Verfahren machte der Kläger ca. 20.000 € Prozesskosten für einen
Umgangsrechtsstreit als außergewöhnliche Belastungen geltend, nachdem seine
frühere Ehefrau die gemeinsame Tochter nach Südamerika mitgenommen und nicht
nach Deutschland zurückgebracht hatte. In dem anderen Verfahren machte die
Klägerin Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen eines ärztlichen
Behandlungsfehlers gerichtlich geltend und klagte wegen des Umgangsrechts und
Kindesunterhalts; ihre Prozesskosten beliefen sich auf ca. 10.000 €. In
beiden Fällen erkannte das Finanzamt die Prozesskosten nicht als
außergewöhnliche Belastungen an.

Entscheidung: Der BFH wies beide
Klagen ab:

  • Die geltend gemachten Gerichts- und Anwaltskosten sind
    Prozesskosten, die nach dem Gesetz nur dann als außergewöhnliche Belastungen
    abziehbar sind, wenn der Steuerpflichtige ohne den Prozess Gefahr laufen würde,
    seine Existenzgrundlage zu verlieren.

  • Der Gesetzgeber meint die materielle Existenzgrundlage. Es geht
    nicht um die immateriellen Werte des Steuerpflichtigen wie etwa die Summe
    seiner Überzeugungen und Wertvorstellungen.

  • Der Umgangsrechtsstreit beider Kläger betraf nicht die
    materielle Existenzgrundlage, weil es nicht um finanzielle Ansprüche, sondern
    um das Umgangsrecht mit dem Kind geht. Auch der Rechtsstreit der Klägerin
    bezüglich des Kindesunterhalts betraf nicht die materielle Existenzgrundlage,
    da die Klägerin lediglich einen höheren Unterhalt begehrte, angesichts ihrer
    Einkommensverhältnisse aber nicht Gefahr lief, ihre Existenzgrundlage zu
    verlieren. Gleiches gilt für den Schadensersatzprozess gegen den behandelnden
    Arzt. Bei der Klage wegen Schmerzensgeld geht es ohnehin nicht um einen
    existenziell wichtigen Bereich, sondern um den Ersatz eines immateriellen
    Schadens (Schmerz).

Hinweis: Der BFH sieht in der
Abzugsbeschränkung für Prozesskosten keinen Verfassungsverstoß. Denn
Prozesskosten gehören grundsätzlich nicht zu dem einkommensteuerlich zu
verschonenden Existenzminimum. Soweit Prozesskosten zur Existenzsicherung
notwendig sein sollten, lässt der Gesetzgeber den Abzug als außergewöhnliche
Belastungen ausdrücklich zu.

Die Abzugsbeschränkung auf Prozesskosten, die die materielle
Existenzgrundlage betreffen, wurde 2013 eingeführt. Vor der Gesetzesänderung
waren auch Scheidungskosten sowie Prozesskosten, die den Kernbereich
menschlichen Lebens betreffen (z.B. einen Familienrechtsstreit), absetzbar.
Beides ist nun nicht mehr absetzbar.

BFH, Urteile vom 13.8.2020 – VI R 15/18 (Umgangsrechtsstreit) und
VI R 27/18 (Arzthaftung, Umgangsrecht und Kindesunterhalt);
NWB

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