Der Verzicht eines Landwirts auf
		ein vertragliches Lieferrecht gegen Abfindung unterliegt nicht der
		Durchschnittssatzbesteuerung für Land- und Forstwirte, sondern wird dem
		Regelsteuersatz von 19 % unterworfen.
Hintergrund: Landwirte,
		deren Umsatz im Vorjahr 600.000 € nicht überschritten hat, können die
		sog. Durchschnittssatzbesteuerung anwenden. Ihre land- und
		forstwirtschaftlichen Leistungen unterliegen dann einer Umsatzsteuer von 9 %.
		Im Gegenzug wird eine pauschale Vorsteuer von 9 % berücksichtigt (Jahr 2023; im
		Jahr 2024 sinkt der Durchschnittssatz auf 8,4 %). Im Streitjahr 2013 betrug der
		Durchschnittssatz 10,7 %.
Sachverhalt: Der Kläger
		war Landwirt und schloss im März 2011 mit einer KG einen Liefervertrag über die
		regelmäßige Lieferung von Gemüse. Im Mai 2013 hoben der Kläger und die KG den
		Liefervertrag auf. Der Kläger erhielt hierfür eine Abfindung i.H. von 110.000
		€ zzgl. der 2013 gültigen Umsatzsteuer (Durchschnittssatz) von 10,7 %,
		insgesamt also 121.770 €. Das Finanzamt erkannte den Durchschnittsatz
		nicht an, sondern setzte den Regelsteuersatz von 19 % an.
Entscheidung: Der
		Bundesfinanzhof (BFH) hielt den Regelsteuersatz von 19 % für zutreffend und
		wies die Klage im Grundsatz ab: 
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Hätte die Klägerin das Gemüse 
 geliefert, hätte die Lieferung dem im Jahr 2013 geltenden
 Durchschnittssteuersatz von 10,7 % unterlegen. Die Klägerin hat das Gemüse aber
 nicht geliefert, sondern hat gegen Entgelt auf ihr Recht, Gemüse entgeltlich zu
 liefern, verzichtet.
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Zwar wird die Aufhebung eines 
 Vertrags grundsätzlich genauso umsatzsteuerlich behandelt wie die vertraglich
 vereinbarte Leistung; denn bei der Aufhebung handelt es sich um den
 gegenläufigen Vorgang. Dies gilt aber nicht, wenn die Leistung, die im Verzicht
 liegt, nicht dem Zweck der Umsatzsteuervergünstigung dient.
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Die Vergünstigung, die in der 
 Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG liegt, gilt nach dem europäischen
 Mehrwertsteuerrecht nur für die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und
 Dienstleistungen; sie gilt aber nicht für den Verzicht auf eine Lieferung
 landwirtschaftlicher Erzeugnisse bzw. auf eine landwirtschaftliche
 Dienstleistung.
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Der Durchschnittssteuersatz 
 wird im Übrigen auch deshalb gewährt, weil die Lieferung landwirtschaftlicher
 Erzeugnisse typischerweise zu einer entsprechenden Vorsteuerbelastung führt;
 aus diesem Grund wird i.H. des Durchschnittssatzes ein gleich hoher
 Vorsteuersatz pauschal gewährt. Bei einem Verzicht auf ein Lieferrecht gibt es
 vorher aber keine Eingangsleistungen (z.B. Einkäufe), die typischerweise
 vorsteuerbelastet sind.
Hinweise: Zwar hat der
		BFH den Durchschnittssteuersatz abgelehnt, sodass das Entgelt für den Verzicht
		einem Umsatzsteuersatz von 19 % unterliegt. Der BFH hat die Sache jedoch an das
		Finanzgericht zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen; denn es muss nun prüfen,
		ob die Klägerin Vorsteuer für Eingangsleistungen geltend machen kann, die mit
		dem Verzicht im Zusammenhang stehen. 
Das Urteil des BFH wirkt sich nur
		auf das Entgelt für den Verzicht aus, nicht aber auf die landwirtschaftlichen
		Lieferungen der Klägerin. Diese werden unverändert mit dem
		Durchschnittssteuersatz besteuert; in gleicher Höhe wird eine pauschale
		Vorsteuer gewährt. 
Quelle: BFH, Urteil vom 23.8.2023
		– XI R 27/21; NWB
 
					