Ein Arbeitnehmer und Unternehmer, der einen Gewinn von mehr als 410
€ erzielt, ist nicht zur elektronischen Übermittlung der
Einkommensteuererklärung verpflichtet, wenn er aus sonstigen Gründen zur Abgabe
einer Einkommensteuererklärung verpflichtet ist, z.B. weil die Steuerklasse V
auf seiner elektronischen Lohnsteuerkarte oder der Lohnsteuerkarte seiner
Ehefrau eingetragen war. In den „sonstigen Fällen“ der
Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung ist die Pflicht zur
elektronischen Übermittlung der Einkommensteuererklärung nämlich kraft Gesetzes
ausgeschlossen.

Hintergrund: Eine Pflicht zur
Abgabe der Einkommensteuererklärung besteht u.a. dann, wenn der
Steuerpflichtige einen Gewinn von mehr als 410 € erzielt oder wenn er
oder sein Ehegatte Arbeitnehmer sind und die Steuerklasse V oder VI für einen
der Ehegatten eingetragen worden ist. Die Einkommensteuererklärung ist
elektronisch abzugeben, wenn der Steuerpflichtige sog. Gewinneinkünfte erzielt,
z.B. Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit und kein
sonstiger Fall der Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung vorliegt.

Streitfall: Die Kläger sind
Eheleute, die im Streitjahr 2017 als Arbeitnehmer tätig waren. Für die Ehefrau
wurde die Lohnsteuerklasse V angewendet. Der Kläger erzielte zudem einen Gewinn
aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage in Höhe von ca. 12.000 €. Die
Kläger waren daher sowohl wegen der Gewinneinkünfte des Klägers als auch wegen
der Lohnsteuerklasse V der Klägerin zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung
verpflichtet. Sie reichten ihre Einkommensteuererklärung in Papierform ein. Das
Finanzamt ging wegen der Gewinneinkünfte des Klägers von einer Pflicht zur
elektronischen Übermittlung aus und behandelte die in Papierform abgegebene
Einkommensteuerklärung als „nicht abgegeben“. Es forderte die
Kläger im Oktober 2018 zur elektronischen Übermittlung auf und fügte diesem
Schreiben eine Rechtsbehelfsbelehrung bei; die Kläger legten hiergegen
Einspruch ein und klagten anschließend.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

  • Eine Pflicht zur elektronischen Übermittlung besteht, wenn der
    Steuerpflichtige Gewinneinkünfte erzielt und wenn es sich nicht um einen
    sonstigen Fall der Pflichtveranlagung wie z.B. der Einbehalt der Lohnsteuer
    nach der Lohnsteuerklasse V handelt.

  • Der Kläger hat zwar Gewinneinkünfte erzielt, aber es war
    zugleich die gesetzliche Ausnahme von der elektronischen Übermittlungspflicht
    erfüllt, da die Klägerin dem Lohnsteuereinbehalt nach der Steuerklasse V
    unterlegen hatte. Damit bestand keine Pflicht zur elektronischen Übermittlung.

  • Nach dem Gesetzeswortlaut gibt es keinen Vorrang der Pflicht
    zur Abgabe der Einkommensteuererklärung aufgrund von Gewinneinkünften gegenüber
    der Pflicht zur Abgabe aufgrund des Lohnsteuereinbehalts nach der Steuerklasse
    V.

Hinweise: Zwar müssen
Unternehmer ihre Gewinnermittlung, d.h. Bilanz oder
Einnahmen-Überschussrechnung, elektronisch übermitteln. Diese Pflicht bleibt
für den Kläger auch bestehen, so dass er seine Einnahmen-Überschussrechnung
elektronisch übermitteln muss. Dies ändert aber nichts daran, dass die
Einkommensteuererklärung lediglich in Papierform abgegeben werden muss.

Der BFH orientiert sich bei seiner Lösung am Gesetzeswortlaut.
Einer Auslegung nach dem Gesetzeswortlaut ist der Vorrang zu geben, wenn sich
das Gesetz an die Allgemeinheit der Steuerpflichtigen richtet; denn die
Auslegung nach dem Gesetzeswortlaut bietet ein Höchstmaß an Rechtssicherheit.

Der Streitfall hatte sich inhaltlich während des Klageverfahrens
erledigt, weil das Finanzamt die Kläger auf der Grundlage ihrer in Papierform
abgegebenen Einkommensteuererklärung veranlagt und dies als Schätzung
bezeichnet hatte. Die Kläger befürchteten allerdings eine Wiederholung des
Streits im Folgejahr, so dass der BFH aufgrund der Klage ein sog.
Fortsetzungsfeststellungsurteil aussprach und feststellte, dass die Verfügung
des Finanzamts vom Oktober 2018 rechtswidrig war.

BFH, Urteil vom 28.10.2020 – X R 36/19; NWB

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