Eine vermögensverwaltend tätige Personengesellschaft, die an einer
gewerblich tätigen Personengesellschaft beteiligt ist, wird zwar wegen der
gewerblichen Beteiligungseinkünfte einkommensteuerlich als gewerbliche
Personengesellschaft behandelt; sie unterliegt aber nicht der Gewerbesteuer.
Insoweit ist das Gewerbesteuergesetz verfassungskonform einzuschränken.
Hintergrund: Eine
vermögensverwaltend tätige Personengesellschaft, die z.B. Einkünfte aus
Kapitalvermögen oder aus Vermietung und Verpachtung erzielt, ist grundsätzlich
nicht gewerblich tätig und unterliegt daher auch nicht der Gewerbesteuer.
Allerdings geht das Gesetz trotz der vermögensverwaltenden Tätigkeit im Wege
einer sog. Abfärbung von einer insgesamt gewerblichen Tätigkeit in zwei Fällen
aus: zum einen dann, wenn die Personengesellschaft neben ihrer
vermögensverwaltenden Tätigkeit auch gewerbliche Einkünfte erzielt, und zum
anderen, wenn die Personengesellschaft an einer gewerblich tätigen
Personengesellschaft beteiligt ist. Die vermögensverwaltenden Einkünfte werden
dann aufgrund der Abfärbung in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert und
unterliegen damit an sich ebenfalls der Gewerbesteuer.
Sachverhalt: Die Klägerin war
eine Kommanditgesellschaft (KG), die Vermietungs- und Kapitaleinkünfte
erzielte, also vermögensverwaltend tätig war. Außerdem war sie mit ca. 7 %
und 2 % an zwei gewerblich tätigen KG beteiligt und erzielte hieraus im
Streitjahr 2011 gewerbliche Beteiligungsverluste von zusammen ca.
2.200 €. Aufgrund dieser gewerblichen Beteiligungseinkünfte
behandelte das Finanzamt auch die Vermietungs- und Kapitaleinkünfte als
gewerblich und stellte die gesamten Einkünfte der KG als gewerblich fest.
Hiergegen wehrte sich die Klägerin.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage zwar ab, führte aber aus, dass aus der
Feststellung der gewerblichen Einkünfte keine Gewerbesteuerpflicht folge:
-
Aufgrund der gesetzlichen Abfärberegelung sind die gesamten
Einkünfte der Klägerin gewerblich. Denn sie hat gewerbliche
Beteiligungseinkünfte erzielt, die dazu führen, dass auch ihre nicht
gewerblichen Einkünfte aus der Vermietung und den Kapitalanlagen als gewerblich
behandelt werden. -
Allerdings führt die Feststellung als gewerbliche Einkünfte
nicht zu einer Gewerbesteuerpflicht der Klägerin. Das Gewerbesteuergesetz ist
zugunsten der Klägerin verfassungskonform einzuschränken. Zwar unterliegen
gewerbliche Einkünfte grundsätzlich der Gewerbesteuer. Dies gilt aber nicht,
wenn sich die Gewerblichkeit der gesamten Einkünfte nur aufgrund gewerblicher
Beteiligungseinkünfte ergibt. Denn dies würde zu einer
Schlechterstellung der Personengesellschaft gegenüber einer
Einzelperson führen. Bei einer Einzelperson gibt es nämlich
keine Abfärbung; sie kann daher mehrere Einkunftsarten gleichzeitig
verwirklichen und unterliegt dann nur mit der gewerblichen Einkunftsart der
Gewerbesteuer, nicht aber mit den vermögensverwaltenden Einkünften wie der
Vermietung oder den Kapitaleinkünften. -
Für die Gewerbesteuerpflicht der Klägerin gibt es auch keinen
Grund. Denn die Beteiligungseinkünfte aus den beiden KG unterlagen bereits bei
den KG der Gewerbesteuer und werden bei der Klägerin nach
gewerbesteuerrechtlichen Regelungen ohnehin nicht der Gewerbesteuer
unterworfen, weil der Gewerbeertrag der Klägerin um diese Beteiligungseinkünfte
zu kürzen wäre. Die Gewerbesteuerpflicht würde also dazu führen, dass nur die
Vermietungs- und die Kapitaleinkünfte der Klägerin gewerbesteuerbar wären.
Hinweise: Anders bleibt dies
aber, wenn eine überwiegend vermögensverwaltend tätige Personengesellschaft
auch noch eigene gewerbliche Einkünfte erzielt. Sofern diese gewerblichen
Einkünfte einen bestimmten Umfang überschreiten, nämlich höher sind als
3 % der Nettoumsatzerlöse der Personengesellschaft oder als der
gewerbesteuerliche Freibetrag von 24.500 €, unterliegen alle
Einkünfte der Personengesellschaft der Gewerbesteuer.
Das aktuelle Urteil führt dazu, dass die Personengesellschaft
einkommensteuerlich ausschließlich gewerbliche Einkünfte erzielt, nicht aber
gewerbesteuerlich. Die einkommensteuerliche Zuordnung zu den gewerblichen
Einkünften führt insbesondere dazu, dass die stillen Reserven im Fall der
Veräußerung oder des Verkaufs einkommensteuerpflichtig sind. Außerdem
unterliegen Kapitaleinkünfte nicht der Abgeltungsteuer von 25 %, sondern
dem Teileinkünfteverfahren und bleiben daher zu 40 % steuerfrei.
Die Klägerin hat die Klage zwar verloren; inhaltlich hat sie jedoch
gewonnen, da es ihr vorrangig nicht um die einkommensteuerliche Feststellung
als gewerblich ging, sondern um die daraus folgende Gewerbesteuerpflicht.
BFH, Urteil v. 6.6.2019 – IV R 30/16; NWB