Die Teilnahme an einer mehrmonatigen beruflichen Bildungsmaßnahme
in Vollzeit außerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses begründet eine sog.
erste Tätigkeitsstätte. Damit kann nur die Entfernungspauschale steuerlich
geltend gemacht werden, nicht aber Unterkunftskosten oder
Verpflegungsmehraufwendungen.
Hintergrund: Nach dem Gesetz
gilt seit 2014 eine Bildungseinrichtung, die außerhalb eines
Dienstverhältnisses zum Zweck eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen
Bildungsmaßnahme aufgesucht wird, als erste Tätigkeitsstätte.
Sachverhalt: Der Kläger besuchte vom 8.9.2014 bis 18.12.2014 einen
Schweißtechnikerlehrgang bei der Schweißtechnischen Lehr- und Versuchsanstalt
in A. Während dieses Zeitraums war er arbeitslos. Er machte Unterkunfts- und
Verpflegungskosten für drei Monate als (vorweggenommene) Werbungskosten
geltend. Im anschließenden Klageverfahren machte er auch Umzugskosten geltend,
die das Finanzgericht (FG) anerkannte. Die Unterkunfts- und Verpflegungskosten
wurden jedoch nicht berücksichtigt.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
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Bei der Schweißtechnischen Lehr- und Versuchsanstalt handelte
es sich um die erste Tätigkeitsstätte des Klägers. Denn er hat sie außerhalb
eines Dienstverhältnisses in Vollzeit zwecks beruflicher Bildung aufgesucht. -
Unbeachtlich war, dass die Bildungsmaßnahme nur gut drei
Monate dauerte. Denn das Gesetz verlangt keine Mindestdauer. Der Gesetzgeber
wollte nämlich Steuerpflichtige in Vollzeitausbildung mit Arbeitnehmern, bei
denen auch bei einem kurzzeitigen Arbeitsverhältnis eine erste Tätigkeitsstätte
vorliegen kann, gleichstellen. -
Abziehbar ist damit nur die Entfernungspauschale, also die
Fahrtkosten in Höhe von 0,30 € pro Entfernungskilometer (= einfache
Strecke). Die Übernachtungskosten und Verpflegungsmehraufwendungen werden nicht
als Werbungskosten berücksichtigt. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Kläger
eine doppelte Haushaltsführung begründet hätte. Der Kläger unterhielt aber
keinen eigenen Hausstand außerhalb seiner ersten Tätigkeitsstätte.
Hinweise: Der BFH macht
deutlich, dass eine zeitliche Mindestdauer für die Annahme einer ersten
Tätigkeitsstätte nicht erforderlich ist.
Zu beachten ist, dass der Kläger außerhalb eines
Beschäftigungsverhältnisses stand, als er die Bildungseinrichtung in A
besuchte. Die Urteilsbegründung lässt sich daher nicht auf Fälle übertragen, in
denen ein Arbeitnehmer während seines Beschäftigungsverhältnisses an einer
beruflichen Fortbildung teilnimmt. In einem solchen Fall liegt keine erste
Tätigkeitsstätte vor, so dass Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendung
sowie die Fahrtkosten für Hin- und Rückfahrt grundsätzlich abgezogen werden
können.
BFH, Urteil v. 14.5.2020 – VI R 24/18; NWB