Der Bundesfinanzhof (BFH) hat im Rahmen eines Eilverfahrens
rechtliche Zweifel geäußert, ob die gesetzliche Verlängerung der sog.
Nachbehaltensfrist von fünf auf zehn Jahre bei der Übertragung eines
Grundstücks von einer Personengesellschaft auf eine (teilweise)
beteiligungsidentische Personengesellschaft rechtmäßig ist, wenn die
Grundstücksübertragung vor dem Inkrafttreten der gesetzlichen Verlängerung am
1.7.2021 erfolgt ist.
Hintergrund: Die
Grundstücksübertragung von einer Personengesellschaft auf eine andere
Personengesellschaft ist grunderwerbsteuerfrei, soweit an den
Personengesellschaften dieselben Gesellschafter beteiligt sind. Allerdings
müssen dann die Gesellschafter an der übernehmenden Personengesellschaft noch
zehn Jahre beteiligt bleiben, sog. Nachbehaltensfrist. Vor dem 1.7.2021 belief
sich die Nachbehaltensfrist lediglich auf fünf Jahre.
Sachverhalt: Im Jahr 2015 wurde
eine OHG gegründet, an der A, B und C beteiligt waren. A, B und C waren
außerdem an einer KG beteiligt, die zwei Grundstücke besaß. Im Jahr 2018
brachte die KG die beiden Grundstücke in die OHG ein. Das Finanzamt behandelte
diesen Vorgang als grunderwerbsteuerfrei, weil an beiden Gesellschaften
dieselben Gesellschafter mit der jeweils selben Quote beteiligt waren. Das
Finanzamt wies die OHG auf die – damalige – fünfjährige
Nachbehaltensfrist hin. Im Jahr 2023, etwas mehr als fünf Jahre nach der
Einbringung, wurde die OHG in eine GmbH umgewandelt, so dass A, B und C nicht
mehr an einer Personengesellschaft beteiligt waren. Nachdem der Gesetzgeber mit
Wirkung zum 1.7.2021 die fünfjährige Nachbehaltensfrist auf zehn Jahre
verlängert hatte, besteuerte das Finanzamt im Jahr 2023 die im Jahr 2018
erfolgte Einbringung der beiden Grundstücke mit der Begründung, durch den
Formwechsel sei die nunmehr geltende zehnjährige Nachbehaltensfrist verletzt
worden; das Finanzamt erließ daher gegenüber der GmbH einen
Grunderwerbsteuerbescheid. Hiergegen legte die GmbH Einspruch ein und
beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzgericht gab dem Antrag
statt, ließ aber die Beschwerde zum BFH zu, so dass nun der BFH entscheiden
musste.
Entscheidung: Der BFH folgte dem
Finanzgericht und gewährte die Aussetzung der Vollziehung des
Grunderwerbsteuerbescheids:
Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des
Grunderwerbsteuerbescheids. Denn es ist unklar, ob im Streitfall bereits die
neue zehnjährige Nachbehaltensfrist gilt, so dass der Grunderwerbsteuerbescheid
rechtmäßig wäre, oder ob noch die fünfjährige Nachbehaltensfrist galt, so dass
der Grunderwerbsteuer rechtswidrig wäre.
Im Gesetz finden sich zwei unterschiedliche Übergangsregelungen
zum Inkrafttreten der neuen zehnjährigen Nachbehaltensfrist, die
widersprüchlich formuliert sind:
-
Nach der einen Übergangsregelung soll die neue zehnjährige
Nachbehaltensfrist erstmals für Erwerbsvorgänge gelten, die nach dem 30.6.2021
verwirklicht wurden. Die zehnjährige Nachbehaltensfrist wäre danach im
Streitfall nicht anwendbar, weil der Erwerbsvorgang, die Einbringung der beiden
Grundstücke, bereits im Jahr 2018 erfolgt war. -
Nach der anderen Übergangsregelung soll die neue zehnjährige
Nachbehaltensfrist nicht gelten, wenn die fünfjährige Nachbehaltensfrist am
1.7.2021 bereits abgelaufen war. War sie noch nicht abgelaufen – wie im
Streitfall – würde die Nachbehaltensfrist auf zehn Jahre verlängert
werden. Diese Zehnjahresfrist wäre damit anwendbar, und sie wäre durch den
Formwechsel im Jahr 2023 verletzt worden; aufgrund des Formwechsels von der OHG
in die GmbH waren A, B und C nämlich nicht mehr an einer Personengesellschaft
beteiligt.
Aus dem Gesetz ergeben sich keine Anhaltspunkte, wie sich die
beiden einander widersprechenden Übergangsregelungen zueinander verhalten.
Daher ist die Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheids auszusetzen.
Hinweise: Die Aussetzung der
Vollziehung hat zur Folge, dass die GmbH, die aus der OHG hervorgegangen ist,
die Grunderwerbsteuer erst einmal nicht zu bezahlen braucht, bis das
Hauptsacheverfahren (Einspruchsverfahren und ggf. anschließend das
Klageverfahren) abgeschlossen ist.
Der aktuelle Beschluss zeigt, wie ungenau der Gesetzgeber
gearbeitet hat; denn nur eine der beiden Übergangsregelungen kann richtig sein.
Für die Praxis ist es wichtig, dass etwaige Grunderwerbsteuerbescheide durch
Einspruch angefochten werden und ggf. auch ein Antrag auf Aussetzung der
Vollziehung gestellt wird, wenn die Zahlung der Grunderwerbsteuer erst einmal
vermieden werden soll. Sollte der BFH in einem späteren Hauptsacheverfahren der
GmbH Recht geben, wären entsprechende Grunderwerbsteuerbescheide aufzuheben,
bei denen der Erwerbsvorgang vor dem 1.7.2021 erfolgt ist und die Beteiligung
an der übernehmenden Personengesellschaft erst nach Ablauf von fünf Jahren
aufgegeben oder vermindert worden ist.
Quelle: BFH, Beschluss vom 10.4.2025 – II B 54/24 (AdV);
NWB