Behält sich der Verkäufer eines Grundstücks die unentgeltliche
Nutzung des Grundstücks vor, stellt dies eine Gegenleistung für den
Grundstückskauf dar, die die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer
erhöht.

Hintergrund: Die
Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer richtet sich grundsätzlich nach
der Gegenleistung und damit nach dem Kaufpreis. Neben dem Kaufpreis gehören
nach dem Gesetz aber auch Nutzungen, die sich der Verkäufer vorbehält, zur
Gegenleistung.

Sachverhalt: Die Klägerin erwarb
im Jahr 2012 ein parkähnliches Grundstück von V. Das Grundstück war mit
mehreren Gebäuden bebaut, von denen drei genutzt wurden, während die übrigen
Gebäude aufgrund ihres schlechten Bauzustands leer standen. Ein Kaufpreis wurde
wegen des überwiegend schlechten Bauzustands der Gebäude nicht vereinbart;
jedoch erhielt V das Recht, zwei der Gebäude zunächst für 30 Jahre
unentgeltlich zu nutzen. Außerdem verpflichtete sich V zur Zahlung einer
Ablösung für die Lasten des Grundstücks in Höhe von 100.000 €. Das
Finanzamt setzte Grunderwerbsteuer fest und legte dabei als Bemessungsgrundlage
den Nutzungswert für die beiden Gebäude zugrunde; den Nutzungswert setzte es
mit ca. 491.000 € an. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt,
weil ein negativer Kaufpreis von 100.000 € vereinbart worden sei.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) hob das Urteil des FG auf und verwies die Sache zur
weiteren Aufklärung an das FG zurück:

  • Nach dem Gesetz gehören neben dem Kaufpreis auch die
    Nutzungen, die sich der Verkäufer vorbehält, zur Gegenleistung. An sich stehen
    die Nutzungen dem Käufer zu, sobald die Sache, d.h. das Grundstück, dem Käufer
    übergeben wird. Wird jedoch vertraglich vereinbart, dass die Nutzungen auch
    nach der Übergabe dem Verkäufer zustehen, ist dies ein geldwerter Vorteil, den
    der Käufer für den Erwerb der Sache hingibt.

  • Die Nutzungen, die sich der Verkäufer vorbehält, gehen
    allerdings nicht in die Bemessungsgrundlage ein, wenn der Verkäufer hierfür
    eine angemessene Vergütung erbringt, also z.B. Miete für die Nutzung des
    Grundstücks zahlt.

  • Durch Auslegung des Kaufvertrags ist zu ermitteln, ob sich der
    Verkäufer Nutzungen ohne angemessenes Entgelt vorbehalten hat. Im Streitfall
    hat die Klägerin dem V gestattet, zwei Gebäude für 30 Jahre unentgeltlich zu
    nutzen. Damit ist kein Entgelt vereinbart worden, so dass der Wert des
    Nutzungsrechts in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist. Es bestehen keine
    Anhaltspunkte dafür, dass das Nutzungsrecht des V wertlos gewesen sein könnte;
    denn die beiden von V genutzten Gebäude wiesen – im Gegensatz zu den anderen
    Gebäuden – keinen schlechten Bauzustand auf.

Hinweis: Das FG muss nun den
Nutzungswert für die beiden Gebäude ermitteln und hiervon die Zuzahlung des V
in Höhe von 100.000 € abziehen. Die sich danach ergebende Summe ist
die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer.

BFH, Urteil v. 5.12.2019 – II R 37/18; NWB

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