Ändert sich bei einer grundbesitzenden Personengesellschaft der
Gesellschafterbestand innerhalb von fünf Jahren zu mindestens 95 %, entsteht
Grunderwerbsteuer. Steht im Zeitpunkt des Gesellschafterwechsels bereits die
Bebauung des bislang unbebauten Grundstücks im Wesentlichen fest und kennen die
Neugesellschafter den Plan zur Bebauung, richtet sich die Bemessungsgrundlage
für die Grunderwerbsteuer nach dem Wert des bebauten Grundstücks.
Hintergrund: Grunderwerbsteuer
entsteht nicht nur beim Verkauf eines Grundstücks, sondern auch bei einer
Anteilsübertragung an einer Gesellschaft, die ein Grundstück besitzt. So wird
etwa der Austausch der Gesellschafter einer grundbesitzenden
Personengesellschaft zu mindestens 95 % innerhalb von fünf Jahren der
Grunderwerbsteuer unterworfen. Bemessungsgrundlage ist grundsätzlich der Wert
des Grundstücks im Zeitpunkt der Anteilsübertragung. Ausnahmsweise wird aber
die Grunderwerbsteuer nach dem Wert bemessen, den das Grundstück im Zeitpunkt
der Fertigstellung des Gebäudes hat, wenn die Änderung des
Gesellschafterbestands auf einem vorgefassten Plan zur Bebauung eines
Grundstücks beruht.
Sachverhalt: Die Klägerin ist
eine GmbH & Co. KG, an der neben der Komplementärin, die am Vermögen nicht
beteiligt war, noch vier natürliche Personen als Kommanditisten beteiligt
waren. Die Komplementärin hatte bereits am 19.2.2004 mit der X-GmbH einen
Mietvertrag über einen noch zu errichtenden Supermarkt in K geschlossen. Im
September 2004 erwarb die Klägerin ein Grundstück von der Stadt K und
verpflichtete sich gegenüber der Stadt K zur Errichtung eines Supermarktes bis
zum 30.9.2007; anderenfalls konnte die Stadt K die Rückübertragung des
Grundstücks verlangen. Die Klägerin übernahm im Februar 2005 den von der
Komplementärin geschlossenen Mietvertrag. Am 13.5.2005 veräußerten alle
Gesellschafter ihre Beteiligungen an die M-GmbH. In den Verträgen über die
Anteilsübertragungen wurde auf die bereits erteilte Baugenehmigung sowie auf
den Mietvertrag mit der X-GmbH Bezug genommen. Im Jahr 2006 wurde der
Supermarkt fertiggestellt. Das Finanzamt setzte aufgrund der
Anteilsübertragungen vom 13.5.2005 Grunderwerbsteuer fest und legte als
Bemessungsgrundlage den Wert des bebauten Grundstücks von ca. 8,7 Mio. €
fest. Die Klägerin war der Auffassung, dass nur der Wert des Grundstücks im
unbebauten Zustand (ca. 695.000 €) anzusetzen sei.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
Die Anteilsübertragung am 13.5.2005 war
grunderwerbsteuerbar. Denn es wurden 100 %
und damit mindestens 95 % der Gesellschafter einer grundbesitzenden
Personengesellschaft auf einen Schlag und damit innerhalb von fünf Jahren
ausgetauscht.
Die Bemessungsgrundlage für die
Grunderwerbsteuer richtete sich nicht nach dem Wert des unbebauten Grundstücks
am 13.5.2005. Vielmehr war der Wert des künftigen, bebauten
Grundstücks anzusetzen. Denn die Änderung des
Gesellschafterbestands beruhte auf einem vorgefassten Plan zur Bebauung eines
Grundstücks.
Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn es im Zeitpunkt der
Anteilsübertragung bereits einen vorgefassten Plan zur
Bebauung des Grundstücks gibt, mit dem sich die
Personengesellschaft über einen Gesellschafterwechsel in wesentlichen Punkten
festgelegt hat, und wenn die Erwerber der Anteile beim Erwerb der Anteile
Kenntnis von dem vorgefassten Plan zur Bebauung hatten.
Diese Voraussetzungen waren im Streitfall
erfüllt:
-
Die Bebauung stand im Zeitpunkt der Anteilsübertragung im
Wesentlichen fest. Die Klägerin hatte sich gegenüber der Stadt K zur Bebauung
mit einem Supermarkt verpflichtet. Sie hatte auch schon einen Mietvertrag mit
der X-GmbH abgeschlossen. -
Die Erwerber kannten diesen Plan und haben die Anteile wegen
dieses Plans erworben. Sie haben nämlich im Anteilskaufvertrag auf die bereits
erteilte Baugenehmigung sowie auf den Mietvertrag mit der X-GmbH Bezug
genommen.
Hinweise: Es kommt nicht darauf
an, ob das Bauvorhaben auch ohne Gesellschafterwechsel zu Ende hätte geführt
werden können oder ob der Plan zur Bebauung auch die Änderung des
Gesellschafterbestands erforderte.
Der höhere Wertansatz, nämlich der Wert des bebauten Grundstücks,
erfolgt deshalb, weil die Erwerber der Anteile faktisch ein bebautes Grundstück
erworben haben. Denn es stand im Zeitpunkt des Anteilskaufs bereits fest, dass
das Grundstück bebaut wird, und eine Aufhebung des Bebauungs- und Mietvertrags
wäre nur unter wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder Einbußen möglich gewesen.
BFH, Urteil vom 16.9.2020 – II R 12/18; NWB