Der Gewinnzuschlag von 6 %, der bei
Auflösung einer Rücklage wegen nicht durchgeführter Reinvestition angesetzt
wird, ist verfassungsgemäß.

Hintergrund: Ein Gewinn
aus der Veräußerung einer betrieblichen Immobilie oder eines Schiffes kann
durch eine Rücklage neutralisiert werden, die grundsätzlich innerhalb von vier
Jahren auf ein neues Wirtschaftsgut (Immobilie oder Schiff) übertragen werden
muss (sog. Reinvestition). Die Rücklage mindert dann die Bemessungsgrundlage
für die Abschreibungen auf das neue Wirtschaftsgut. Unterbleibt eine
Reinvestition, muss die Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst werden und wird um
einen sog. Gewinnzuschlag von 6 % des Rücklagenbetrags jährlich
erhöht.

Sachverhalt: Die Klägerin
war eine Gesellschaft bürgerlichen Recht (GbR), die im Bereich der Land- und
Forstwirtschaft tätig war. Das Wirtschaftsjahr der Klägerin wich vom
Kalenderjahr ab und erstreckte sich vom 1.7. bis zum 30.6. Einen Gewinn aus der
Veräußerung eines Betriebsgrundstücks erfasste die Klägerin gewinnneutral in
einer Rücklage. Allerdings löste die Klägerin diese Rücklage nach zwei Jahren
gewinnerhöhend auf, ohne eine Reinvestition durchgeführt zu haben. Dies führte
zu einer Gewinnerhöhung in Höhe der gebildeten Rücklage sowie zum Ansatz eines
Gewinnzuschlags von 6 % des Rücklagenbetrags für zwei Jahre. Die Klägerin
wehrte sich gegen den Gewinnzuschlag und hielt ihn für verfassungswidrig.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Der Gewinnzuschlag wurde im
    Streitfall zu Recht angesetzt, da die Klägerin die gebildete Rücklage nach zwei
    Jahren aufgelöst hat, ohne die Reinvestition durchgeführt zu haben.

  • Der Gewinnzuschlag ist
    verfassungsgemäß. Er verstößt insbesondere nicht gegen den
    Gleichbehandlungsgrundsatz. Denn der Gewinnzuschlag entsteht nur, wenn der
    Steuerpflichtige von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht hat, eine Rücklage
    zwecks Neutralisierung eines Veräußerungsgewinns zu bilden und die
    Reinvestition nicht innerhalb der Reinvestitionsfrist von grundsätzlich vier
    Jahren durchzuführen bzw. die Rücklage vorher freiwillig aufzulösen.

  • Verfassungsrechtlich ist
    aufgrund der dem Steuerpflichtigen zustehenden Wahlrechte ein
    sachlicher Rechtfertigungsgrund für den
    Ansatz des Gewinnzuschlags ausreichend. Dieser sachliche Rechtfertigungsgrund
    besteht darin, dass mit dem Gewinnzuschlag der
    Steuerstundungsvorteil, der sich aufgrund
    der Bildung der Rücklage ergeben hat, rückgängig gemacht werden soll und dass
    eine missbräuchliche Inanspruchnahme des Rücklagewahlrechts
    vermieden
    werden soll.

  • Auch die Höhe von 6 % des
    Rücklagenbetrags pro Jahr der Bildung ist verfassungsrechtlich nicht zu
    beanstanden. Unbeachtlich ist, dass es ein strukturelles Niedrigzinsniveau gab
    und der Gewinnzuschlag im streitigen Zeitraum von 2018/2019 bis 2020/2021
    deutlich über dem Zinsniveau lag. Denn der Gewinnzuschlag ist
    mit Nachzahlungszinsen nicht vergleichbar,
    da er von einem Wahlrecht des Steuerpflichtigen zur Bildung der Rücklage und
    zur Durchführung der Reinvestition abhängig ist. Der Gesetzgeber ist daher
    nicht verpflichtet, den Gewinnzuschlag realitätsgerecht und fremdkapitalkonform
    auszugestalten, sondern darf pauschal auf den Stundungsvorteil abstellen.

Hinweise: Der
Steuerpflichtige hat grundsätzlich vier Jahre Zeit, die Reinvestition
durchzuführen. Entscheidet er sich für die Herstellung eines neuen Gebäudes,
verlängert sich die Frist auf sechs Jahre, wenn er mit der Herstellung vor dem
Schluss des vierten Jahres nach Bildung der Rücklage begonnen hat.

Zwar ist der Gewinnzuschlag mit 6 %
deutlich höher als die Zinsen im streitigen Zeitraum. Allerdings muss der
Steuerpflichtige den Gewinnzuschlag nicht entrichten, sondern nur versteuern,
so dass sich seine steuerliche Belastung nach seinem individuellen Steuersatz
richtet. Zudem wird die Steuer, die aufgrund des Gewinnzuschlags entsteht, erst
deutlich nach Ablauf des Veranlagungszeitraums festgesetzt.

Quelle: BFH, Urteil vom 20.3.2025 –
VI R 20/23; NWB

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