Bei dem Betrieb einer Photovoltaikanlage auf dem eigenen Haus
spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass eine
Gewinnerzielungsabsicht besteht. Verluste sind daher steuerlich anzuerkennen.
Dies gilt auch dann, wenn der erzeugte Strom zu mehr als 50 % für den eigenen
Haushalt verwendet wird.
Hintergrund: Verluste werden nur
berücksichtigt, wenn der Steuerpflichtige eine sog. Gewinnerzielungsabsicht
bzw. Einkünfteerzielungsabsicht hat, also über die voraussichtliche Dauer
seiner Tätigkeit einen sog. Totalgewinn erzielen will. Nimmt der
Steuerpflichtige die Verluste hingegen aus privaten Gründen hin, spricht man
von Liebhaberei; die Verluste werden dann steuerlich nicht anerkannt.
Sachverhalt: Die Kläger, ein
Ehepaar, kauften im Jahr 2013 eine Photovoltaikanlage für ihr Einfamilienhaus.
Der Preis für die Anlage inklusive Stromspeicher belief sich auf ca. 20.000
€. Der Hersteller gewährte eine Leistungsgarantie von 25 Jahren. In den
Jahren 2014 bis 2017 nutzten die Kläger ca. 54 % des erzeugten Stroms für ihren
eigenen Haushalt, während sie ca. 46 % gegen Entgelt in das Stromnetz
einspeisten. Sie erzielten seit 2013 Verluste, mit Ausnahme des Jahres 2014, in
dem der Gewinn aus einer Erstattung der Vorsteuer resultierte. Im Streitjahr
2016 belief sich ihr Verlust auf 261 €, den das Finanzamt wegen
fehlender Gewinnerzielungsabsicht nicht anerkannte.
Entscheidung: Das Thüringer
Finanzgericht (FG) nahm eine Gewinnerzielungsabsicht an und gab der Klage
statt:
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Beim Betrieb einer Photovoltaikanlage spricht der Beweis des
ersten Anscheins für eine Gewinnerzielungsabsicht. Denn die Verkäufer der
Anlagen werben mit Gewinnen, so dass die Kläger hierauf vertraut haben dürften. -
Von den Klägern kann nicht verlangt werden, dass sie zunächst
ein betriebswirtschaftliches Konzept erstellen, aus dem sich der Totalgewinn
ergibt. Es wäre auch übersteigert, von den Klägern die Erstellung eines teuren
Sachverständigengutachtens zu verlangen, in dem die Entstehung eines
Totalgewinns erläutert wird. -
Zu berücksichtigen ist ferner, dass im Jahr 2013, als die
Kläger die Anlage erworben haben, der Strompreis gerade um ca. 9 % gestiegen
war. Außerdem haben die Kläger eine höherwertige Anlage erworben, für die eine
Garantie von 25 Jahre galt. Daher konnten sie davon ausgehen, dass die Anlage
nach dem Ende der steuerlichen Nutzungsdauer noch einen Restwert haben wird. -
Private Gründe für den Betrieb der Anlage sind nicht
ersichtlich: Die Kläger wollten nicht etwa steuerliche Verluste erzielen, um so
eine Steuerersparnis erlangen zu können. Auch war ihr Einkommen (zusammen ca.
90.000 €) nicht so hoch, als dass sie durch die Verluste steuerlich in
nennenswertem Umfang entlastet wurden. Zwar wollten die Kläger den Strom für
ihren eigenen Haushalt nutzen; dieses Motiv ist im Hinblick auf die erwartete
Gewinnerzielung aber unschädlich.
Hinweis: Die Thüringer Richter
halten es für übertrieben, dass ein Steuerpflichtiger, der eine kleine
Photovoltaikanlage betreibt, aufwendig darlegen muss, weshalb er von einem
Totalgewinn ausgeht. Die künftige Strompreisentwicklung ist zudem so unsicher,
dass zuverlässige Prognosen über einen Totalgewinn ohnehin nicht möglich sind.
Das FG hatte zwar die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH)
zugelassen; das Finanzamt hat die Revision jedoch zurückgenommen, nachdem es
die Revision eingelegt hatte. In einem vergleichbaren Fall in Baden-Württemberg
hatte das dortige Finanzamt ebenfalls nicht von der Revisionszulassung Gebrauch
gemacht. Eine Entscheidung des BFH zur Frage der Gewinnerzielungsabsicht beim
Betrieb einer Photovoltaikanlage ist daher bis auf Weiteres nicht zu erwarten.
Thüringer FG, Urteil vom 11.09.2019 – 3 K 59/18;
NWB