Ein Gerüstbauer darf für seine vertragliche Verpflichtung, das
Gerüst nach Abschluss der Bauarbeiten abzubauen und abzutransportieren, keine
Rückstellung bilden. Denn diese vertragliche Verpflichtung wird durch sein
eigenbetriebliches Interesse an einer Weiterbenutzung der Gerüstbauteile
überlagert.

Hintergrund: Für ungewisse
Verbindlichkeiten sind gewinnmindernd Rückstellungen in der Bilanz zu bilden.
Die Ungewissheit kann dem Grunde nach oder der Höhe nach am Bilanzstichtag
bestehen, weil z. B. der genaue Betrag der Verpflichtung noch nicht bekannt
ist.

Sachverhalt: Die Klägerin war
eine Gerüstbauerin, die sich in ihren Verträgen u. a. dazu verpflichtete, das
Gerüstmaterial nach Abschluss der jeweiligen Bauarbeiten abzubauen und wieder
abzutransportieren. Sie bildete für diese Verpflichtung in ihren Bilanzen ab
2002 eine Rückstellung, in der sie die Personalkosten für den Abbau sowie die
Transportkosten ansetzte. Das Finanzamt erkannte die Rückstellung nicht an.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Zwar sind für Verpflichtungen gegenüber Dritten Rückstellungen
    zu bilden, weil der Unternehmer durch die Verpflichtung wirtschaftlich belastet
    wird.

  • Dennoch kann es in Betracht kommen, auch ein
    eigenbetriebliches Interesse als Grund für die wirtschaftliche Belastung zu
    berücksichtigen. Eine Rückstellung scheidet daher aus, wenn die Verpflichtung,
    die gegenüber dem Dritten besteht, bei wirtschaftlicher Betrachtung durch ein
    eigenbetriebliches Interesse vollständig
    überlagert wird.

  • Im Streitfall schied eine Rückstellung aus, weil das
    eigenbetriebliche Interesse der Klägerin an dem Abbau und dem Rücktransport der
    Gerüstbauteile die zivilrechtliche Verpflichtung zum Abbau und der Beseitigung
    der Gerüstbauteile vollständig überlagerte. Denn die Klägerin benötigte die
    Gerüstbauteile, um Folgeaufträge ausführen zu können. Immerhin hat die Klägerin
    selbst bei Entfernungen von bis zu 675 km zwischen der Baustelle und ihrem
    Zentrallager nicht davon Abstand genommen, die Gerüstbauteile
    zurückzutransportieren.

Hinweis: Der BFH lehnte eine
anteilige Bildung der Rückstellung ab, weil der Transportvorgang einen
einheitlichen Vorgang darstellt, der nicht aufgeteilt werden kann.

BFH, Urteil v. 22.1.2020 – XI R 2/19; NWB

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