Der Europäische Gerichtshof (EuGH)
hält sog. innerorganschaftliche Leistungen, die die einzelnen Mitglieder einer
umsatzsteuerlichen Organschaft untereinander erbringen, für nicht
umsatzsteuerbar. Damit entsteht für derartige Leistungen keine Umsatzsteuer.

Hintergrund: Eine
umsatzsteuerliche Organschaft liegt vor, wenn ein Unternehmen
(Organgesellschaft) organisatorisch, wirtschaftlich und finanziell in ein
anderes Unternehmen (Organträger) eingegliedert ist. Die Umsätze des
Organträgers und seiner Organgesellschaft(en) werden dann zusammengefasst und
nur vom Organträger versteuert, der auch die Vorsteuer der Organgesellschaft
geltend macht. Die Organgesellschaft tritt gegenüber dem Finanzamt also nicht
in Erscheinung.

Sachverhalt: Zwischen dem
Kläger, der eine Universitätsklinik betrieb und insoweit hoheitlich tätig war,
und der U-GmbH bestand eine umsatzsteuerliche Organschaft. Der Kläger war
Organträger, und die U-GmbH war Organgesellschaft. Die U-GmbH erbrachte im Jahr
2005 Reinigungsleistungen gegenüber dem Kläger für ein Entgelt von ca. 75.000
€, die zu ca. 7 % auf den hoheitlichen Bereich entfielen. Das Finanzamt
beurteilte das Entgelt für die Reinigungsleistungen, soweit sie auf den
hoheitlichen Betrieb des Klägers entfielen, als umsatzsteuerbare unentgeltliche
Wertabgabe und setzte entsprechend Umsatzsteuer gegenüber dem Kläger fest. Der
Bundesfinanzhof (BFH) richtete ein erstes Vorabentscheidungsersuchen an den
EuGH, der eine unentgeltliche Wertabgabe aufgrund des vereinbarten Entgelts
ablehnte. Anschließend richtete der BFH ein zweites Vorabentscheidungsersuchen
an den EuGH, damit dieser klärt, ob Innenumsätze einer Organschaft
umsatzsteuerbar sind; einige Äußerungen des EuGH in der ersten Entscheidung
deuteten nämlich auf eine Umsatzsteuerbarkeit hin.

Entscheidung: Der EuGH
verneint die Umsatzsteuerbarkeit innerorganschaftlicher Leistungen:

  • Die Mitglieder einer
    Organschaft, d.h. der Organträger und die Organgesellschaft(en), werden als
    „ein“ gemeinsamer Steuerpflichtiger behandelt, so dass nur eine
    einzige Umsatzsteuererklärung für die Organschaft abzugeben ist, nämlich durch
    den Organträger.

  • Dies schließt es aus, dass
    getrennte Umsatzsteuererklärungen für die Organschaft abgegeben werden oder
    dass ein einzelnes Mitglied der Organschaft, z.B. die Organgesellschaft, als
    gesonderter Steuerpflichtiger angesehen wird.

  • Daher führen
    innerorganschaftliche Leistungen nicht zu einer Umsatzsteuerbarkeit, da
    anderenfalls eine Organgesellschaft neben dem Organträger Umsatzsteuer abführen
    und eine gesonderte Umsatzsteuererklärung abgeben müsste.

  • Dies gilt selbst dann, wenn
    die vom Empfänger der innerorganschaftlichen Leistungen geschuldete
    Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abgezogen werden darf.

Hinweise: Die
Rechtsunsicherheit ist damit beseitigt. Leistungen, die ein Mitglied der
Organschaft an ein anderes Mitglied der Organschaft erbringt, sind nicht
umsatzsteuerbar, so dass insoweit keine Umsatzsteuer entsteht.

Hätte der EuGH anders entschieden
und eine Umsatzsteuerbarkeit bejaht, hätte die Gefahr bestanden, dass die
Finanzämter die innerorganschaftlichen Leistungen nun nachträglich der
Umsatzsteuer unterwerfen würden.

Der BFH muss jetzt abschließend
entscheiden. Voraussichtlich wird die Klage Erfolg haben, da es sich nach der
ersten Entscheidung des EuGH aufgrund des vereinbarten Entgelts nicht um eine
unentgeltliche Wertabgabe und nach der zweiten Entscheidung des EuGH auch nicht
um eine umsatzsteuerbare innerorganschaftliche Leistung handelt.

Quelle: EuGH, Urteil vom 11.7.2024
– C-184/23 „Finanzamt T“; NWB

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