Erhält ein Steuerpflichtiger Schadensersatz wegen
Verdienstausfalls, ist der Schadensersatz einkommensteuerpflichtig. Übernimmt
der Schädiger zusätzlich auch die Steuerbelastung, die für den Ersatz des
Verdienstausfalls anfällt, ist auch dieser Ersatz einkommensteuerpflichtig und
– sofern der Ersatz der Steuerbelastung in einem Folgejahr erfolgt
– nicht tarifbegünstigt.

Hintergrund: Zu den
steuerpflichtigen Einkünften gehören auch Entschädigungen, die als Ersatz für
entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt werden.

Sachverhalt: Die Klägerin war
infolge eines medizinischen Behandlungsfehlers erwerbsunfähig. Sie erhielt von
der Versicherung V Schadensersatz für ihren Verdienstausfall. Die Entschädigung
wurde nach der sog. modifizierten Nettolohntheorie abgerechnet. Daher sollte
der Klägerin zunächst nur der ausgefallene Nettolohn ersetzt werden, und erst
später sollte an sie die aufgrund der Ersatzleistungen tatsächlich angefallene
Einkommensteuer erstattet werden. In den Streitjahren 2017 und 2018 leistete V
eine Entschädigung für den ausgefallenen Nettolohn in Höhe von jeweils ca.
21.000 €, die von der Klägerin versteuert wurden. Außerdem erstattete V
im Jahr 2017 die Steuerlast für die Jahre 1997 bis 2015 in Höhe von ca. 60.000
€ sowie die Steuerlast für 2016 in Höhe von ca. 6.000 €. Im Jahr
2018 erstattete V der Klägerin die Steuerlast für die im Jahr 2017 gezahlten
Entschädigungen in Höhe von ca. 38.000 €. Das Finanzamt erfasste die
hier genannten Zahlungen für die Steuerlast als Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit. Hiergegen wehrte sich die Klägerin.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Die Erstattung der Steuerlast, die sich aufgrund des in den
    Vorjahren geleisteten Schadensersatzes für den Verdienstausfall ergab, ist
    steuerbar. Denn zum Ersatz des Verdienstausfalls gehört auch die darauf
    entfallende Steuer.

  • Die Erstattung der Steuerlast beruht
    unmittelbar auf dem Verlust steuerbarer Einnahmen
    . Denn ohne
    den Behandlungsfehler hätte die Klägerin einen Bruttoverdienst erzielt, aus dem
    heraus sie die Einkommensteuer hätte entrichten können.

  • Für die streitige Erstattung der Steuerlast wird
    keine Tarifermäßigung gewährt. Zwar gewährt
    der Gesetzgeber eine Minderung des Steuertarifs, wenn Entschädigungen geleistet
    werden. Die Entschädigung muss aber vollständig in nur einem
    Veranlagungszeitraum geleistet werden, so dass es zu einer
    Zusammenballung von Einkünften und damit zu
    einer erhöhten steuerlichen Belastung kommt. Im Streitfall wurden die
    Entschädigungen der V aber in mehreren Veranlagungszeiträumen geleistet. Es
    handelte sich bei den Entschädigungen auch nicht um Vergütungen für mehrjährige
    Tätigkeiten, für die ebenfalls eine Tarifermäßigung gewährt wird. Denn der
    Schadensersatz wurde nicht für eine Tätigkeit der Klägerin, sondern für eine
    Nichtausübung der Tätigkeit gezahlt.

Hinweise: Im Ergebnis wird die
Klägerin steuerlich so behandelt, als hätte sie gearbeitet. Denn sie muss
rechnerisch ihren Bruttolohn (Ersatz des Nettolohns und spätere Erstattung der
Steuerlast) versteuern, ohne dass sie hierfür eine Tarifermäßigung erhält.

In der Praxis haben sich zwei Methoden für die Bemessung des
Schadensersatzes für Arbeitnehmer herausgebildet. Bei der im Streitfall
angewandten modifizierten Nettolohnmethode wird zunächst das fiktive
Nettoeinkommen vergütet und anschließend die Steuerlast erstattet. Bei der
Bruttolohnmethode wird der Bruttolohn einschließlich Steuern und
Sozialversicherungsbeträgen ersetzt. Beide Methoden führen zu gleichen
Ergebnissen.

Quelle: BFH, Urteil vom 15.10.2024 – IX R 5/23; NWB

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