Eine Schweizer Familienstiftung, die ihren Verwaltungssitz in
Deutschland hat und in Deutschland nicht als Stiftung anerkannt ist, unterliegt
in Deutschland nicht der Ersatzerbschaftsteuer Denn die Ersatzerbschaftsteuer
gilt nur für rechtsfähige Stiftungen. Die Rechtsfähigkeit setzt jedoch die
Anerkennung durch die zuständige Behörde in Deutschland voraus.

Hintergrund: Eine
Familienstiftung unterliegt in Zeitabständen von je 30 Jahren der sog.
Ersatzerbschaftsteuer. Das Gesetz fingiert nach jeweils 30 Jahren, dass der
Erbfall eingetreten ist und der Erblasser (Stiftung) zwei Kinder hinterlässt.
Auf diese Weise soll verhindert werden, dass das Vermögen einer Stiftung auf
Dauer der Erbschaftsteuer entzogen wird.

Sachverhalt: Die Klägerin war
eine Stiftung, die im Jahr 1959 von Frau X in der Schweiz errichtet wurde und
deren Zweck das Bestreiten der Kosten der Familie X für Erziehung, Ausstattung
und Unterstützung war. Alle Mitglieder des Stiftungsrats wohnten seit der
Gründung der Stiftung in Deutschland und verwalteten von Deutschland aus die
Stiftungsgeschäfte, so dass sich der Verwaltungssitz der Stiftung in
Deutschland befand. Die Klägerin war in Deutschland nicht durch die zuständige
Behörde als Stiftung anerkannt worden. Das Finanzamt setzte im April 2020
Ersatzerbschaftsteuer gegenüber der Stiftung fest. Hiergegen wehrte sich die
Stiftung.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

  • Die Klägerin war zwar eine Familienstiftung, da sie nach ihrem
    Stiftungszweck die Familie X unterstützen sollte. Die Ersatzerbschaftsteuer
    setzt aber eine rechtsfähige Stiftung
    voraus, da die Ersatzerbschaftsteuer das Vermögen der Stiftung erfasst und nur
    eine rechtsfähige Stiftung Vermögen haben kann.

  • Bei einer ausländischen Stiftung kommt es für die Prüfung der
    Rechtsfähigkeit auf die Grundsätze des internationalen Gesellschaftsrechts an,
    und zwar auf das Recht des ausländischen Staates, wenn die Stiftung ihre
    Sitzung und ihre Geschäftsleitung im Ausland hat. Ist die Stiftung hingegen im
    Ausland nur registriert (statuarischer Sitz) und hat ihren Verwaltungssitz in
    Deutschland, kommt es zur Beurteilung der Rechtsfähigkeit auf das deutsche
    Recht an (sog. Sitztheorie).

  • Im Streitfall befand sich der Verwaltungssitz der in der
    Schweiz registrierten Stiftung in Deutschland, da sämtliche Mitglieder des
    Stiftungsrats als Geschäftsführungsorgane von Anfang an in Deutschland ansässig
    waren und die Stiftung von Deutschland aus führten. Daher war
    das deutsche Recht maßgeblich.
    Nach deutschem Recht war die
    Klägerin in Deutschland nicht rechtsfähig, da ihr die Anerkennung durch die
    zuständige Behörde in Deutschland fehlte. Mangels Rechtsfähigkeit war daher die
    Ersatzerbschaftsteuer nicht anwendbar.

Hinweise: Auch wenn die Klägerin
keine Ersatzerbschaftsteuer entrichten muss, ergibt sich daraus
keine Besteuerungslücke. Denn zivilrechtlich
ist das Stiftungsvermögen den natürlichen Personen zuzurechnen, die hinter der
nichtrechtsfähigen Klägerin stehen. Stirbt eine dieser Personen, kommt es zu
einem sog. Generationenwechsel und damit zum Erbfall, der Erbschaftsteuer
auslöst.

Ist die Stiftung in einem Mitgliedstaat der EU, des EWR oder in
einem mit diesen aufgrund eines Staatsvertrags bezüglich der
Niederlassungsfreiheit gleichgestellten Staat gegründet worden, richtet sich
die Frage nach der Rechtslage des Gründungsstaates (sog. Gründungstheorie); auf
den Ort des Verwaltungssitzes kommt es dann nicht an. Diese Gründungstheorie
gilt bei einer in der Schweiz gegründeten Stiftung jedoch nicht, weil die
Schweiz weder zur EU noch zum EWR gehört und weil mit der Schweiz auch kein
entsprechender völkerrechtlicher Vertrag geschlossen worden ist.

Quelle: BFH, Urteil vom 4.6.2025 – II R 30/22; NWB

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