Die Auszahlung des Rückkaufswerts
aus einer Pensionskasse kann eine sog. Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit
sein, für die eine Steuerermäßigung gewährt wird. Voraussetzung ist zum einen,
dass die Beiträge in mindestens zwei Veranlagungszeiträumen über einen Zeitraum
von mehr als zwölf Monaten gezahlt wurden. Zum anderen muss die
Einmalauszahlung außerordentlich, d.h. atypisch sein.
Hintergrund: Vergütungen
für mehrjährige Tätigkeiten werden als sog. außerordentliche Einkünfte ermäßigt
besteuert, weil es aufgrund der Zusammenballung der Vergütung, die auf einen
Schlag für mehrere Jahre Tätigkeit gezahlt wird, zu einem höheren Steuersatz
kommt. Die Steuerermäßigung erfolgt durch Anwendung der sog. Fünftelregelung,
bei der die steuerliche Progression nur auf 1/5 der Vergütung angewendet und
die sich danach ergebende Steuer verfünffacht wird.
Sachverhalt: Der Kläger war im
Streitjahr 2016 Arbeitnehmer und erhielt von einer Pensionskasse eine
Einmalzahlung in Höhe von ca. 25.000 €. Der Kläger hatte in den Jahren
2002 und 2006 zwei Rentenversicherungsverträge im Rahmen der betrieblichen
Altersversorgung abgeschlossen; die Beiträge hierfür wurden durch eine
Bruttoentgeltumwandlung finanziert und waren steuerfrei. Im Jahr 2032 sollten
entsprechende Altersrenten ausgezahlt werden. Der Kläger geriet aber 2015 in
finanzielle Schwierigkeiten und stellte die beiden Verträge zunächst
beitragsfrei. Im Jahr 2016 kündigte der Arbeitgeber auf Wunsch des Klägers die
beiden Verträge mit Wirkung zum 1.1.2016. Der Kläger erhielt daraufhin besagte
25.000 €. Das Finanzamt erfasste die Einmalzahlung als sonstige
Einkünfte, versagte aber dem Kläger die von ihm geltend gemachte
Steuerermäßigung in Gestalt der Fünftelregelung.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache an das Finanzgericht (FG) zur weiteren
Aufklärung zurück:
Leistungen aus einer Pensionskassenversicherung gehören ebenso wie
Leistungen aus einer Direktversicherung zu den sonstigen Einkünften, wenn die
Beiträge zuvor steuerfreier Arbeitslohn waren.
Die Einmalzahlung der Pensionskasse könnte eine Vergütung für eine
mehrjährige Tätigkeit gewesen sein, für die eine Ermäßigung des Steuertarifs zu
gewähren ist:
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Die Einmalzahlung stellt grundsätzlich eine Vergütung für eine
mehrjährige Tätigkeit dar. Die Mehrjährigkeit ist gegeben, wenn der
Steuerpflichtige Beitragszahlungen in mindestens zwei Veranlagungszeiträumen
geleistet hat und sich die Beitragszahlungen über einen Zeitraum von mehr als
zwölf Monaten erstreckt haben. -
Die Einmalzahlung müsste aber auch
„außerordentlich“ gewesen sein, da die Tarifermäßigung nur für
außerordentliche Einkünfte gewährt wird. Die Einmalzahlung müsste daher im
Lebens-, Wirtschafts- und Regelungsbereich atypisch gewesen sein. Ein
atypischer Sachverhalt folgt nicht daraus, dass die Kündigung und vorzeitige
Auszahlung des Rückkaufswerts dem Zweck der betrieblichen Altersversorgung
widerspricht. -
Das FG muss nun prüfen, wie viele Versicherungsverträge, die
zu Leistungen aus Pensionsfonds, Pensionskassen oder Direktversicherungen
führen, seit dem 1.1.2005 (der Beginn der im Streitjahr 2016 gültigen
Rechtslage) durch eine einmalige Kapitalabfindung bei Rentenbeginn oder aber
vorzeitig durch Kündigung und Auszahlung des Rückkaufswerts beendet worden
sind. Hierzu wird es ggf. bei Versorgungseinrichtungen oder
Verbraucherschutzorganisationen nachfragen müssen. Anschließend kann es dann
entscheiden, ob die Einmalzahlung atypisch war.
Hinweis: Die Aufklärung, die das
FG leisten muss, dürfte schwierig werden, da es Millionen Versicherungsverträge
in Deutschland gibt und ein Zeitraum von elf Jahren zu überprüfen ist.
Letztendlich wird dem FG eine statistische Erhebung zugemutet.
Nach der früheren Rechtsprechung (bis 2018) wurden Einkünfte dann
als außerordentlich angesehen, wenn die Zusammenballung der Einkünfte nicht dem
vertragsgemäßen oder typischen Ablauf der Einkünfteerzielung entsprach. Im Jahr
2019 hat der BFH seine Rechtsprechung geändert und stellt nunmehr darauf ab, ob
die Einmalzahlung, d.h. die Zusammenballung der Einkünfte, in dem betreffenden
Lebens-, Wirtschafts- und Regelungsbereich atypisch ist. Ob die Möglichkeit
einer Kapitalabfindung im Vertrag von vornherein vorgesehen war, ist allenfalls
ein Indiz für einen atypischen Verlauf.
BFH-Urteil vom 6.5.2020 – X R 24/19; NWB