Zwar dürfen Pfändungs- und Einziehungsverfügungen mithilfe der EDV
erlassen werden, so dass eine Unterschrift nicht erforderlich ist. Allerdings
muss die Behörde die Entscheidung über den Erlass der Pfändungs- und
Einziehungsverfügung treffen und darf dabei lediglich durch die EDV unterstützt
werden. Der formularmäßige Erlass einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung ist
nicht zulässig, da es sich um eine Ermessensentscheidung handelt, die begründet
werden muss.

Hintergrund: Bezahlt ein
Steuerpflichtiger seine Steuerschulden nicht, kann das Finanzamt eine
Pfändungs- und Einziehungsverfügung gegenüber einer Bank erlassen, bei der der
Steuerpflichtige ein Konto unterhält. Die Bank darf dann das Kontoguthaben
nicht dem Steuerpflichtigen auszahlen, sondern muss es an das Finanzamt
überweisen.

Sachverhalt: Die Klägerin war
eine Bank, die vom Hauptzollamt in den Jahren 2017 mehr als 100 Pfändungs- und
Einziehungsverfügungen erhalten hatte; denn das Hauptzollamt führte die
Vollstreckung für andere Behörden und Krankenkassen durch. Das Hauptzollamt
erstellte die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen mittels eines
„Elektronischen Vollstreckungssystems“, druckte diese aus und
stellte sie der Klägerin zu. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen
enthielten im Briefkopf den Namen und die Anschrift des Hauptzollamts und den
Namen des Sachbearbeiters; sie enthielten aber weder eine Unterschrift noch ein
Dienstsiegel, sondern nur den Satz: „Dieses Schriftstück ist ohne
Unterschrift und ohne Namensangabe gültig.“ Die Klägerin machte die
Rechtswidrigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügungen geltend.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das
Finanzgericht (FG) zurück:

  • Die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen sind schriftlich
    ergangen und nicht elektronisch übermittelt worden. Eine elektronische
    Übermittlung ist bei Pfändungs- und Einziehungsverfügungen nach dem Gesetz
    ausgeschlossen. Denn bei Pfändungsmaßnahmen kommt es auf die Rangfolge an, die
    bei einer elektronischen Übermittlung schwerer feststellbar wäre als bei einer
    schriftlichen Bekanntgabe.

  • Zwar müssen Verwaltungsakte wie Pfändungs- und
    Einziehungsverfügungen grundsätzlich eine Unterschrift enthalten; dies gilt
    aber nicht für Verwaltungsakte, die formularmäßig oder mithilfe elektronischer
    Rechnungen erlassen werden:

  • Ein formularmäßiger Erlass wäre bei einer Pfändungs- und
    Einziehungsverfügung jedoch unzulässig. Denn eine Pfändungs- und
    Einziehungsverfügung ist eine Ermessensentscheidung, die begründet werden muss.
    Die Behörde muss also darlegen, von welchen Gesichtspunkten sie bei ihrer
    Entscheidung ausgegangen ist. Ein formularmäßiger Erlass ist hingegen gegeben,
    wenn ein Formular verwendet wird, das ausgefüllt werden, aber nicht wesentlich
    geändert werden kann, sondern allenfalls mit kurzen Erläuterungen in wenigen
    Zeilen versehen werden kann.

  • Der Erlass einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung mithilfe
    einer automatischen Einrichtung, d. h. mittels EDV, ist zwar möglich und würde
    ebenfalls keine Unterschrift erfordern. Jedoch muss sichergestellt sein, dass
    die Entscheidung über den Erlass einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung von
    der Behörde getroffen wird und dass die EDV nur ein Hilfsmittel ist. Die
    Behörde muss also über die Art und Weise der Entscheidung sowie über das
    Ergebnis der Datenverarbeitung durch die Programmierung entscheiden.

Hinweise: Das FG muss nun
ermitteln, wie genau das „Elektronische Vollstreckungssystem“
durch das Hauptzollamt genutzt wird. Dabei wird es darauf ankommen, in welcher
Weise und unter welchen Voraussetzungen das „Elektronische
Vollstreckungssystem“ die Entscheidungen, die die Behörde trifft,
unterstützt und umsetzt.

Sollte sich herausstellen, dass die Pfändungs- und
Einziehungsverfügungen automatisch erstellt und abgesandt werden, ohne dass der
Sachbearbeiter mit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung überhaupt befasst
ist, dürfte dies zur Rechtswidrigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügungen
führen.

BFH, Urteil v. 17.12.2019 – VII R 62/18; NWB

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