Stirbt ein Kommanditist und ist die Vererbung seines
Kommanditanteils durch den Gesellschaftsvertrag zugunsten eines
Abfindungsanspruchs ausgeschlossen, muss der Erbe bei der Erbschaftsteuer einen
Abfindungsanspruch versteuern, der zu seinem Privatvermögen und nicht zum
steuerlich begünstigten Betriebsvermögen gehört. Ist der Abfindungsanspruch
höher als der steuerliche Wert des Anteils des verstorbenen Kommanditisten,
wird die negative Differenz nicht bei der Erbschaftsteuer berücksichtigt.

Hintergrund: Stirbt der
Gesellschafter einer Personengesellschaft, kann durch eine sog.
Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, dass die
Personengesellschaft durch die verbliebenen Gesellschafter fortgesetzt wird.
Dem einzelnen verbleibenden Gesellschafter wächst dann im Umfang seiner
Beteiligungsquote der Anteil des verstorbenen Gesellschafters an (sog.
Anwachsung). Die Erben des verstorbenen Gesellschafters haben in diesem Fall
aber einen Abfindungsanspruch gegen die Personengesellschaft.

Sachverhalt: Die Mutter des
Klägers war Kommanditistin einer KG. Als sie starb, hinterließ sie vier Kinder,
die ebenfalls an der KG beteiligt waren, und zwar bis zum Tod ihrer Mutter mit
jeweils 20 % (ebenso wie ihre Mutter). Der Gesellschaftsvertrag der KG sah
vor, dass im Todesfall die KG ohne die Erben des verstorbenen Gesellschafters
fortgesetzt wird; dafür sollte den Erben ein Abfindungsanspruch zustehen.
Aufgrund des Todes der Mutter waren somit die vier Kinder, zu denen auch der
Kläger gehörte, nun mit jeweils 25 % statt wie bislang mit 20 %
beteiligt; der steuerliche Wert des Anteils der Mutter wurde auf 1,2 Mio.
€ festgestellt. Als Erben ihrer Mutter stand den vier Kindern ein
Abfindungsanspruch in Höhe von 2 Mio. € zu. Der Kläger begehrte den
Ansatz eines negativen Wertes bei der Erbschaftsteuer, indem er 1/4 der
Differenz von 800.000 € (1,2 Mio. € steuerlicher
Anteilswert abzüglich 2 Mio. € Abfindungsanspruch) geltend machte.
Das Finanzamt setzte einen Abfindungsanspruch des Klägers von 500.000 €
an, berücksichtigte aber keinen negativen Wert.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Zum einen hat der Kläger im Wege der Anwachsung ein Viertel
    des Anteils seiner Mutter erlangt. Diese Anwachsung unterliegt jedoch nicht der
    Erbschaftsteuer, weil die Anwachsung auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage
    erfolgt ist und nicht auf erbschaftsteuerlicher Grundlage. Denn zur Anwachsung
    kam es, weil im Gesellschaftsvertrag eine Fortsetzungsklausel vereinbart war,
    nach der die KG beim Tod eines Gesellschafters unter den verbliebenen
    Gesellschaftern fortgesetzt wird.

  • Zum anderen steht dem Kläger ein anteiliger Abfindungsanspruch
    zu. Dieser gehört zum erbschaftsteuerlich relevanten Nachlass. Er ist dem
    Privatvermögen zuzuordnen und nicht dem steuerlich begünstigten
    Betriebsvermögen, da der Kläger den Abfindungsanspruch in seiner Eigenschaft
    als Erbe der verstorbenen Gesellschafterin, seiner Mutter, erworben hat.

  • Zum Betriebsvermögen würde der Abfindungsanspruch nur dann
    gehören, wenn der Kläger und seine Geschwister einen Anteil an der KG im Wege
    der Erbfolge – und nicht auf der Grundlage einer gesellschaftsrechtlichen
    Vereinbarung – erworben hätten und für diesen Anteil nun einen
    Abfindungsanspruch erhielten.

  • Ein negativer Wert in Höhe der Differenz zwischen dem
    steuerlichen Wert des Anteils (1,2 Mio. x 25 % [Anteil des Klägers am
    steuerlichen Wert des Anteils] = 300.000 €) und dem Wert der
    Abfindung (2 Mio. € x 25 % [Anteil des Klägers an der Abfindung] =
    500.000 €), mithin in Höhe von 200.000 €, ist
    erbschaftsteuerlich nicht zu berücksichtigen. Erbschaftsteuerlich kann nach dem
    Gesetz nur eine positive Differenz angesetzt werden, wenn nämlich der Anteil
    einen höheren steuerlichen Wert hat als die Abfindung und damit die
    verbliebenen Gesellschafter bereichert werden; in diesem Fall erfolgt eine
    Besteuerung, obwohl die Bereicherung, die bei den verbliebenen Gesellschaftern
    aufgrund der Anwachsung und der zu niedrigeren Abfindung eintritt, auf
    gesellschaftsrechtlicher Grundlage erfolgt. Eine Erweiterung dieser Regelung
    auf Fälle mit einer negativen Differenz, in denen die verbliebenen und
    fortsetzenden Gesellschafter zugleich auch Erben des verstorbenen
    Gesellschafters sind, kommt nicht in Betracht.

Hinweise: Der Abfindungsanspruch
gehört auch nicht zum erbschaftsteuerlich begünstigten Sonderbetriebsvermögen,
auch wenn es sich um eine Forderung gegen die Personengesellschaft handelt. Der
Abfindungsanspruch hängt nämlich nicht wirtschaftlich mit dem
Gesellschaftsverhältnis zusammen. Eine spätere Einlage in das
Sonderbetriebsvermögen wäre unbeachtlich, weil bei der Erbschaftsteuer das
Stichtagsprinzip gilt, d.h. es kommt auf den Todestag an.

Im Ergebnis wurde ein anteiliger Abfindungsanspruch in Höhe von
500.000 € (2 Mio. € x 25 % Anteil des Klägers) bei
der Erbschaftsteuer angesetzt. Die Differenz zwischen dem anteiligen
Abfindungsanspruch und dem anteiligen Wert des Anteils blieb außer Ansatz, weil
sie negativ war.

BFH, Urteil v. 8.6.2021 – II R 2/19; NWB

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