Der Bundesfinanzhof (BFH) hat den Europäischen Gerichtshof (EuGH)
zur Klärung zweier Rechtsfragen angerufen: Der EuGH soll klären, ob die
Umsatzsteuer bei einer in mehreren Jahresraten zu zahlenden Maklerprovision
bereits mit der Vermittlungsleistung oder erst mit der jeweiligen Ratenzahlung
entsteht. Sofern die Umsatzsteuer bereits mit der Vermittlungsleistung
entsteht, soll der EuGH klären, ob der Unternehmer die Umsatzsteuer, soweit sie
auf die künftigen Jahresraten entfällt, zu seinen Gunsten berichtigen kann.
Hintergrund: Grundsätzlich
entsteht die Umsatzsteuer bereits mit der Erbringung der Leistung (sog.
Soll-Besteuerung). Auf die Erstellung der Rechnung oder die Bezahlung der
Rechnung kommt es also nicht an. Im Jahr 2018 hat der EuGH aber im Fall eines
Vermittlungshonorars für die Spielervermittlerin „baumgarten
sports“ entschieden, dass die Umsatzsteuer erst mit der jeweiligen
Jahresrate entsteht, wenn eine jährliche Ratenzahlung vereinbart ist und wenn
die Zahlung der jährlichen Rate daran geknüpft ist, dass der Spieler den
mehrjährigen Spielervertrag auch erfüllt.
Streitfall: Die Klägerin
vermittelte im Jahr 2012 ein Grundstück. Die Vereinbarung sah hierfür eine
Provision von 1 Mio. € netto zzgl. 190.000 € vor, die in fünf
Jahresraten á 200.000 € zzgl. 38.000 € Umsatzsteuer zu zahlen
war. Das Finanzamt stelle auf die Vermittlungsleistung im Jahr 2012 ab und
verlangte von der Klägerin 190.000 € Umsatzsteuer für 2012. Die Klägerin
war der Ansicht, dass die Umsatzsteuer jährlich in Höhe von 38.000 €
entstehe, also erst mit der jeweiligen Ratenzahlung.
Entscheidung: Der BFH hat den
EuGH zur Klärung der Streitfrage angerufen:
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Zwar stellt das deutsche Recht auf die Erbringung der Leistung
ab, die im Jahr 2012 vollständig erfolgt ist. Der EuGH hat aber im Fall der
Spielervermittlerin baumgarten sports entschieden, dass die Umsatzsteuer erst
mit der jeweiligen Rate entsteht, wenn die Leistung zu aufeinander folgenden
Abrechnungen oder Zahlungen Anlass gibt. Bei dem vermittelten Spielervertrag
war dies der Fall, weil das Honorar an die Dauer des jeweils vermittelten
Spielervertrags anknüpfte und davon abhing, dass der Spieler seinen
mehrjährigen Vertrag für den Verein erfüllte. -
Der EuGH soll daher klären, ob die Grundsätze, die er für den
Fall der Spielervermittlerin aufgestellt hat, auch im Streitfall gelten mit der
Folge, dass die Klägerin die Umsatzsteuer erst mit Zahlung der jeweiligen Rate
an das Finanzamt abführen müsste, also 38.000 € jährlich im Zeitraum
2012 bis 2016. Aus Sicht des BFH ist die Übertragbarkeit der Grundsätze nicht
unproblematisch: Denn in dem Fall der Spielervermittlerin war die Leistung
zeitraumbezogen, da sie von der Dauer des Spielervertrag abhing. Hingegen hat
die Klägerin eine zeitpunktbezogene Grundstücksvermittlung erbracht, die im
Jahr 2012 abgeschlossen war. -
Sollte die Umsatzsteuer bereits mit der Erbringung der
Grundstücksvermittlung im Jahr 2012 in voller Höhe entstanden haben, soll der
EuGH klären, ob die Klägerin zwar 190.000 € für 2012 abführen muss,
zugleich aber in Höhe der auf die Raten für 2013 bis 2014 entfallenden
Umsatzsteuer eine Berichtigung vornehmen kann, also in Höhe von 152.000
€. Im Ergebnis wären damit für 2012 ebenfalls nur 38.000 €
abzuführen. Für eine Berichtigung könnte sprechen, dass bereits im Jahr 2012
feststand, dass die Klägerin die Umsatzsteuer in Höhe von 152.000 € auf
die noch ausstehenden 800.000 € (vier Jahresraten á 200.000 €)
vorerst nicht erhalten wird, sondern erst sukzessive ab 2013.
Hinweise: Im Kern geht es um die
Frage, ob ein Unternehmer die Umsatzsteuer auf seine Leistung vorfinanzieren
muss, wenn von vornherein feststeht, dass er die Umsatzsteuer erst in den
Folgejahren erhalten wird.
Beim Ratenkauf ist im europäischen Mehrwertsteuerrecht ausdrücklich
geregelt, dass die Umsatzsteuer sofort entsteht und nicht erst mit der
Bezahlung der Rate. Im Streitfall geht es aber nicht um eine Lieferung
(Ratenkauf), sondern um eine sonstige Leistung (Dienstleistung), für die eine
ausdrückliche Regelung im europäischen Mehrwertsteuerrecht fehlt.
BFH, Beschluss v. 7.5.2020 – V R 16/19; NWB