Erledigt sich ein Klageverfahren, nachdem das
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Verfassungswidrigkeit des zugrunde
liegenden Gesetzes festgestellt, jedoch die Fortgeltung des Gesetzes bis zu
einer Neuregelung durch den Gesetzgeber angeordnet hat, hat das Finanzamt die
Gerichtskosten zu tragen.

Hintergrund: Mitunter werden
Klageverfahren vor dem Finanzgericht geführt, weil das einschlägige
Steuergesetz als verfassungswidrig angesehen wird. Kommt es in einem solchen
Klageverfahren zu einer Vorlage an das BVerfG, kann das BVerfG, wenn es das
Gesetz für verfassungswidrig hält, das Gesetz entweder für nichtig erklären
– der Kläger hätte dann gewonnen, weil das Gesetz nicht mehr angewendet
werden darf – oder aber das Gesetz lediglich als unvereinbar mit dem
Grundgesetz einstufen und die Fortgeltung des Gesetzes bis zu einer Neuregelung
durch den Gesetzgeber anordnen; der Kläger hat dann nicht gewonnen, weil das
Gesetz trotz der Verfassungswidrigkeit noch für eine Übergangszeit angewendet
werden darf.

Streitfall: Die Klägerin war
eine Brauerei, die Biersteuer entrichten musste und die maßgebliche Regelung
über den Steuersatz im Biersteuergesetz für verfassungswidrig hielt. Die
Klägerin erhob Klage, und der Fall kam zum Bundesfinanzhof (BFH), der das
BVerfG anrief. Das BVerfG teilte zwar die Auffassung der Klägerin und hielt die
Regelung über den Biersteuersatz für verfassungswidrig; es ordnete allerdings
eine Fortgeltung der Regelung bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber
an. Die Sache ging an den BFH zurück, und die Klägerin sowie das beklagte
Hauptzollamt erklärten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Der BFH
musste nun entscheiden, wer die Kosten des Rechtsstreits trägt.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) legt die Kosten dem beklagten Hauptzollamt auf:

  • Zwar hat an sich das Hauptzollamt „gewonnen“, weil
    aufgrund der Fortgeltungsanordnung das verfassungswidrige Gesetz weiterhin zu
    Ungunsten der Klägerin anzuwenden ist. Daher müsste eigentlich die Klägerin die
    Kosten tragen.

  • Es entspricht allerdings billigem Ermessen und dem allgemeinen
    Gerechtigkeitsempfinden, dem Hauptzollamt die Kosten aufzuerlegen. Denn die
    Klägerin muss bereits ein Sonderopfer erbringen, weil sie auf der Grundlage
    eines verfassungswidrigen Gesetzes Biersteuer entrichten muss. Dieses
    Sonderopfer ergibt sich daraus, dass das BVerfG die Norm nicht für nichtig
    erklärt, sondern nur für verfassungswidrig erachtet und eine Fortgeltung bis zu
    einer Neuregelung durch den Gesetzgeber angeordnet hat.

Hinweise: Das BVerfG hat die
Auffassung der Klägerin bestätigt, dass das Biersteuergesetz verfassungswidrig
ist. Daher wäre es ungerecht, der Klägerin nur deshalb die Kosten des
Verfahrens aufzuerlegen, weil das BVerfG von einer Nichtigkeitserklärung
abgesehen hat.

Im Steuerrecht wird vergleichsweise häufig die
Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes gerügt. Sofern das BVerfG die Auffassung
der Steuerpflichtigen teilt und die Verfassungswidrigkeit feststellt, sieht es
in der Regel von einer Nichtigkeitserklärung ab und beschränkt sich auf eine
Unvereinbarkeitserklärung mit Fortgeltungsanordnung. Auf diese Weise brauchen
bereits gezahlte Steuern nicht zurückgezahlt zu werden, so dass der
Bundeshaushalt nicht belastet wird.

BFH, Beschluss v. 18.7.2019 – VII R 9/19 (VII R 4/09);
NWB

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