In einem Klageverfahren wegen Kindergelds muss ein volljähriges
Kind aussagen und hat kein Zeugnisverweigerungsrecht. Dies ergibt sich aus der
gesetzlich angeordneten Mitwirkungspflicht für Kinder im Kindergeldrecht.
Hintergrund: Nach dem Gesetz
sind volljährige Kinder im Kindergeldrecht auf Verlangen der Familienkasse zur
Mitwirkung verpflichtet. Das allgemeine Auskunfts- und
Zeugnisverweigerungsrecht für Angehörige wird insoweit ausgeschlossen. Bisher
war nicht geklärt, ob der Ausschluss des Auskunftsverweigerungsrechts nur für
das Verwaltungsverfahren gilt oder aber auch für das Klageverfahren.
Sachverhalt: Der Kläger ist
Vater eines 1992 geborenen Kindes und beantragte im Februar 2013, das
Kindergeld zu seinen Gunsten festzusetzen, weil sein Kind bereits im Jahr 2011
bei der Mutter ausgezogen sei und er den höheren Unterhalt zahle. Dies lehnte
die Familienkasse ab. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Finanzgericht
(FG) führte das FG keine Zeugenvernehmung des Kindes zu der Frage durch, ob es
wirklich den Haushalt der Mutter im Jahr 2011 verlassen habe, nachdem sich das
Kind auf sein Zeugnisverweigerungsrecht als Angehöriger berufen hatte. Das FG
wies die Klage ab.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) hob das Urteil des FG auf und verwies die Sache zur
weiteren Aufklärung an das FG zurück:
-
Zwischen dem Kläger und der Mutter des Kindes ist streitig, ob
das Kind im Jahr 2011 den mütterlichen Haushalt verlassen hat. Daher muss das
FG diese Streitfrage klären und hierzu auch Zeugen wie das Kind vernehmen. -
Zwar haben Angehörige ein gesetzliches
Zeugnisverweigerungsrecht. Dieses Zeugnisverweigerungsrecht wird im Kindergeld
aber durch das Gesetz ausgeschlossen; volljährige Kinder sind im
Kindergeldrecht vielmehr zur Mitwirkung verpflichtet. -
Der Ausschluss des Zeugnisverweigerungsrechts gilt nicht nur
im Verwaltungsverfahren, sondern auch im Klageverfahren. Anderenfalls käme es
zu unterschiedlichen Ermittlungsergebnissen im Verwaltungsverfahren einerseits,
in dem das volljährige Kind Auskunft erteilen müsste, und im Klageverfahren
andererseits, in dem sich das volljährige Kind auf sein
Auskunftsverweigerungsrecht berufen dürfte.
Hinweise: Das FG muss nun das
Kind des Klägers als Zeugen zu der Frage vernehmen, ob es im Jahr 2011 aus dem
Haushalt der Mutter ausgezogen ist.
Offen gelassen hat der BFH die Frage, ob das Kind Auskunft nur zu
solchen Tatsachen erteilen muss, die das Kind selbst betreffen, z.B. zum
eigenen Wohnsitz, zur Ausbildung oder Ausbildungsplatzsuche, oder ob es auch
Auskunft zu Tatsachen erteilen muss, die die Eltern betreffen, z.B. zum
Wohnsitz des Vaters oder der Mutter.
BFH, Urteil v. 18.9.2019 – III R 59/18; NWB