Der Ausfall einer zum
Privatvermögen und ab dem 1.1.2009 begründeten Darlehensforderung führt zu
einem steuerlich zu berücksichtigenden Verlust bei den Einkünften aus
Kapitalvermögen. Der Zeitpunkt der steuerlichen Berücksichtigung hängt davon
ab, wann endgültig feststeht, dass der Darlehensgläubiger keine
Tilgungsleistungen mehr erhalten wird. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Antrag
auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen worden ist oder
wenn die Liquidation der GmbH (Schuldnerin) abgeschlossen ist.
Hintergrund: Zu den
Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nicht nur Zinsen oder Dividenden,
sondern auch Gewinne und Verluste aus der Veräußerung von Aktien oder
Darlehensforderungen.
Sachverhalt: Die Kläger
sind Eheleute. Der Ehemann war Alleingesellschafter einer GmbH. Die Eheleute
gewährten der GmbH im Zeitraum von 2010 bis 2013 diverse verzinsliche Darlehen.
Ende 2012 geriet die GmbH in die Krise. Ende 2014 veräußerte sie ihr
Anlagevermögen und leistete keine Zahlungen mehr auf die Darlehensforderungen.
Die Kläger fielen mit einem Teil ihrer Darlehensforderungen aus, nämlich mit
einem Betrag von ca. 51.000 € aus einem Darlehen vom 10.1.2012. Sie
machten diesen Betrag in ihrer Einkommensteuererklärung 2014 als Verlust
geltend. Das Finanzamt erkannte den Verlust nicht an, setzte die
Einkommensteuer aber aus anderen Gründen auf Null fest. Der Ehemann wollte den
Verlust in das Vorjahr 2013 zurücktragen.
Entscheidung: Die Klage
der Ehefrau hatte Erfolg, so dass der Darlehensausfall bei ihr zur Hälfte, d.h.
in Höhe von ca. 25.500 €, als Verlust bei den Einkünften aus
Kapitalvermögen festzustellen ist. Die Klage des Ehemanns war hingegen
unzulässig:
-
Die Klage der Ehefrau war
trotz der Festsetzung der Einkommensteuer auf Null zulässig, da sie die
Feststellung eines Verlustes aus Kapitalvermögen begehrte, um ihn in
Folgejahren mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnen zu können.
Ein Verlustrücktrag ist bei Kapitaleinkünften, die grundsätzlich der
Abgeltungsteuer von 25 % unterliegen, gesetzlich nicht vorgesehen. -
Der Ehefrau war ein Verlust
aus Kapitalvermögen in Höhe von 25.500 € entstanden, nämlich in Höhe
ihres hälftigen Anteils am Darlehensausfall. Seit Einführung der
Abgeltungsteuer zum 1.1.2009 werden auch Gewinne und Verluste aus der
Veräußerung von Darlehensforderungen steuerlich berücksichtigt. Ein
Darlehensausfall steht einer Veräußerung gleich. Anderenfalls wäre der
Steuerpflichtige gezwungen, die Darlehensforderung kurz vor dem Ausfall noch
mit Verlust zu verkaufen. Die Darlehensforderung ist am 10.1.2012 und damit ab
dem 1.1.2009 gewährt worden, so dass ihr Ausfall steuerlich erfasst wird. -
Die Ehefrau hatte auch die für
die steuerliche Berücksichtigung erforderliche Einkünfteerzielungsabsicht, da
das Darlehen verzinslich gewährt worden war. -
Der Darlehensausfall konnte im
Jahr 2014 berücksichtigt werden, da im Jahr 2014 endgültig feststand, dass die
GmbH keine Tilgungen mehr leisten würde. Die GmbH hatte nämlich im Jahr 2014
ihr Anlagevermögen verkauft und seit November 2014 keine Zahlungen mehr
geleistet. -
Die Klage des Ehemanns war
hingegen wegen der Nullfestsetzung unzulässig. Zwar hätte der Ehemann auch eine
Verlustfeststellung erreichen können, um den Verlust in der Zukunft mit
positiven Einkünften verrechnen zu können. Er wollte aber einen Rücktrag des
Verlustes in das Vorjahr 2013. Über einen solchen Verlustrücktrag ist im
Rücktragsjahr, also 2013, zu entscheiden, nicht im Jahr der Entstehung des
Verlustes (2014).
Hinweise: Anders als
seine Ehefrau unterlag der Ehemann nicht der Abgeltungsteuer, da er zu
mindestens 10 % an der GmbH beteiligt war, nämlich zu 100 %. Seine
Kapitaleinkünfte werden daher regulär mit seinem individuellen Tarif versteuert
und können deshalb auch mit anderen positiven Einkünften als den Einkünften aus
Kapitalvermögen verrechnet werden; zudem ist für den Ehemann auch ein
Verlustrücktrag möglich. Für die Ehefrau, die der Abgeltungsteuer unterlag, war
der Verlustrücktrag ausgeschlossen.
Der Ehemann kann grundsätzlich
einen Änderungsantrag für 2013 stellen. Das Finanzamt muss dann entscheiden, ob
der Verlust anzuerkennen ist und ob er bei den Kapitaleinkünften zu
berücksichtigen ist oder bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb, zu denen
Gewinne und Verluste aus der Veräußerung wesentlicher GmbH-Beteiligungen
gehören. Hinsichtlich der Festsetzungsverjährung würde es genügen, wenn der
Ehemann seinen Antrag auf Berücksichtigung eines Verlustrücktrags in das Jahr
2013 vor dem Eintritt der Verjährung für das Streitjahr 2014 gestellt hat; ob
dies der Fall ist, lässt sich dem Fall nicht entnehmen.
BFH, Urteil vom 27.10.2020 – IX R
5/20; NWB