Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigt
in zwei wichtigen Grundsatzurteilen seine bisherige Rechtsprechung, nach der
die Umstellung der früheren Rentenbesteuerung auf die sog. nachgelagerte
Besteuerung verfassungsgemäß ist. Allerdings kann sich dies ab 2025 ändern,
weil dann eine Doppelbesteuerung infolge der sinkenden steuerfreien Rententeile
drohen könnte.

Hintergrund: Im Jahr 2005
wurde die Rentenbesteuerung grundlegend geändert. Bis 2005 wurde nur ein sog.
Ertragsanteil bei der Steuer erfasst, der im Durchschnitt ca. 30 % betrug, und
aufgrund des Grundfreibetrags häufig keine Steuerfestsetzung auslöste. Da aber
Beamte ihre Pensionen in voller Höhe versteuern mussten, wurde die
Rentenbesteuerung als verfassungswidrig angesehen und auf eine sog.
nachgelagerte Besteuerung umgestellt. Es sollen also alle Renten und Pensionen
vollständig besteuert werden. Im Gegenzug können dafür die
Rentenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben abgesetzt werden. Allerdings ist
die Umstellung auf die nachgelagerte Besteuerung nicht sofort erfolgt, sondern
wird über viele Jahre Schritt für Schritt vollzogen. Ansonsten wäre die
Umstellung für diejenigen Rentner, die 2005 in den Ruhestand gegangen sind,
nachteilig, weil sie ihre Rente in voller Höhe hätten versteuern müssen, ohne
dass sie die Altersvorsorgebeiträge zuvor hätten abziehen können. Daher wird
der steuerfreie Anteil der Rente jährlich etwas abgeschmolzen. Erst für
Rentner, die im Jahr 2040 erstmals eine Rente erhalten werden, gilt dann eine
vollständige Steuerpflicht für ihre Rente.

Sachverhalte: In dem
ersten Fall ging es um einen Steuerberater, der aufgrund eines Antrags in der
gesetzlichen Rentenversicherung versichert blieb. Seine Beiträge zur
gesetzlichen Rentenversicherung hatte er nur begrenzt als Sonderausgaben
geltend machen können. Seit 2007 befand sich der Kläger im Ruhestand und bezog
eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Er machte im
Streitjahr 2008 geltend, dass der steuerfreie Anteil seiner Rente von 46 % zu
niedrig sei und geringer sei als die aus seinem versteuerten Einkommen
geleisteten Rentenversicherungsbeiträge.

In dem zweiten Fall klagte ein
Zahnarzt, der freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert war.
Das Streitjahr war 2009. In diesem Jahr bezog er eine Altersrente sowie
Zusatzleistungen aus der Höherversicherung, mehrere sog. Rürup-Renten und
zahlreiche Renten aus privaten Rentenversicherungen. Das Finanzamt besteuerte
die Renten nach den gesetzlichen Vorgaben und ließ sie entsprechend teilweise
steuerfrei. Auch der Zahnarzt rügte eine Doppelbesteuerung.

Entscheidungen: Beide
Klagen hatten keinen Erfolg, da nach Auffassung der Richter weder im Jahr 2008
noch im Jahr 2009 eine Doppelbesteuerung vorlag:

  • Die Umstellung der früheren
    Besteuerung der Renten mit dem Ertragsanteil auf die sog. nachgelagerte
    Besteuerung, bei der die Renten langfristig in vollem Umfang besteuert werden,
    ist verfassungsgemäß.

  • Die Verfassungsmäßigkeit setzt
    allerdings voraus, dass keine Doppelbesteuerung eintritt. Eine
    Doppelbesteuerung entsteht, wenn ein Steuerpflichtiger die
    Rentenversicherungsbeiträge aus seinem Einkommen, das bereits versteuert worden
    ist, leisten müsste und später den Zufluss der Rente erneut versteuern müsste.
    Hingegen entsteht keine Doppelbesteuerung, wenn der steuerfreie Teil der Rente
    mindestens genauso hoch ist wie die Summe der Rentenversicherungsbeiträge, die
    der Steuerpflichtige aus seinem bereits versteuerten Einkommen geleistet hat.

  • In keinem der beiden Fälle war
    der steuerfreie Teil der Renten niedriger als die Summe der jeweils geleisteten
    Rentenversicherungsbeiträge.

  • Bei den Renten aus privaten
    Rentenversicherungen kann schon deshalb keine Doppelbesteuerung eintreten, weil
    sie nur mit einem Ertragsanteil versteuert werden, der die Verzinsung der
    Kapitalrückzahlung für den gesamten Rentenbezug typisierend annimmt.

  • Allerdings kann künftig eine
    Doppelbesteuerung eintreten, weil mit jedem Jahr der steuerfreie Teil der Rente
    sinkt.

Hinweis: Um eine mögliche
Doppelbesteuerung festzustellen, muss u.a. der steuerfreie Teil der Rente
ermittelt werden. Dies erfordert eine komplizierte Berechnung, bei der der
steuerfreie Rentenbezug mit der durchschnittlichen statistischen
Lebenserwartung zu multiplizieren ist. Der BFH hat insoweit weitere Vorgaben
für die Berechnung gemacht: So ist auch der steuerfreie Teil einer
Hinterbliebenenrente in die Ermittlung des steuerfreien Teils einzubeziehen, da
eine Hinterbliebenenrente zum Rentenversicherungsverhältnis dazugehört.
Allgemeine Steuerbefreiungen wie z.B. der Grundfreibetrag oder Sonderausgaben-
bzw. Werbungskostenpauschbeträge bleiben hingegen außer Ansatz.

Eine Doppelbesteuerung kann künftig
insbesondere bei Männern in Betracht kommen, da sie eine niedrigere
Lebenserwartung haben, und bei Unverheirateten, da es für ihre Angehörigen
keine Hinterbliebenenrente gibt.

Das Bundesfinanzministerium (BMF)
hat unmittelbar nach Veröffentlichung der beiden Urteile auf die beiden
Entscheidungen reagiert. Bundesfinanzminister Scholz als Leiter des BMF hat
angekündigt, dass in der nächsten Legislaturperiode eine Steuerreform zur
Rentenbesteuerung durchgeführt werden soll, die eine künftige Doppelbesteuerung
der Renten vermeidet.

BFH, Urteile vom 19.5.2021 –
X R 33/19 (Steuerberater) und X R 20/19 (Zahnarzt); NWB

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