Die Bewertung von Anteilen an einer nicht börsennotierten
Kapitalgesellschaft kann zwar vorrangig aus Verkäufen unter fremden Dritten,
die weniger als ein Jahr zurückliegen, abgeleitet werden; es kann aber nicht
auf Verkäufe zurückgegriffen werden, bei denen über Jahre hinweg der gleiche
Preis zugrunde gelegt worden ist.

Hintergrund: Werden Anteile an
Kapitalgesellschaften verschenkt oder vererbt, müssen die Anteile bewertet
werden. Bei börsennotierten Anteilen kann auf den Börsenkurs zurückgegriffen
werden. Ist die Kapitalgesellschaft nicht börsennotiert, kommen nach dem Gesetz
unterschiedliche Methoden nach einer gesetzlich vorgegebenen Reihenfolge in
Betracht; dabei darf jedoch der sog. Substanzwert nicht unterschritten werden;
bei dem Substanzwert handelt es sich um die Summe der gemeinen Werte der
Wirtschaftsgüter abzüglich der Schulden der Kapitalgesellschaft.

Sachverhalt: An der X-GmbH war
die M mit 9,95 % beteiligt. M starb im Jahr 2014 und wurde von ihren beiden
Kindern beerbt. Bereits seit 2009 gab es mehrfach Einziehungen von
GmbH-Anteilen durch die X-GmbH, bei denen ein Kurs von 400 % zugrunde gelegt
wurde. Selbst noch im Februar 2015 erfolgten Einziehungen zu einem Kurs von 400
%, und im Jahr 2018 wurde unter den Gesellschaftern der X-GmbH ein Anteil zu
einem Kurs von 380 % verkauft. Für Zwecke der Erbschaftsteuer stellte das
Finanzamt den Wert der von M vererbten Anteile zunächst mit einem Wert von 400
% des Nominalwertes fest, änderte dann aber den Bescheid und setzte den in etwa
sechs Mal so hohen Substanzwert als Mindestwert an. Die X-GmbH sowie die beiden
Kinder der M machten geltend, dass 400 % des Nominalwertes als Anteilswert
anzusetzen seien.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Da die X-GmbH nicht an der Börse notiert war, war der gemeine
    Wert der Anteile anzusetzen. Der gemeine Wert kann aus Verkäufen unter fremden
    Dritten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, abgeleitet werden. In diesem
    Fall darf ein (höherer) Substanzwert nicht als Mindestwert angesetzt werden.

  • Im Streitfall gab es keine Verkäufe unter fremden Dritten, die
    zur Bewertung herangezogen werden können. Es muss sich nämlich um
    Verkäufe im gewöhnlichen Geschäftsverkehr
    handeln, bei denen der Verkäufer ohne Zwang und Not, sondern freiwillig
    veräußert.

  • Verkäufe können nicht herangezogen werden, wenn regelmäßig der
    gleiche Preis erzielt wird, insbesondere der Nominalwert. Denn dies zeigt, dass
    die Preisbildung nicht unter den Bedingungen des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs
    zustande gekommen ist; dies gilt auch dann, wenn wiederholt ein Mehrfaches des
    Nominalwerts angesetzt wird. Im Streitfall wurden immer wieder 400 % des
    Nominalwertes als Preis für die Einziehung zugrunde gelegt, obwohl sich die
    Vermögensverhältnisse bei der X-GmbH geändert hatten. Angesichts des
    gleichgebliebenen Einziehungspreises kam es nicht darauf an, dass eine
    Zwangslage bei den freiwilligen Einziehungen der Anteile nicht erkennbar
    war.

  • An sich hätte damit für die Bewertung auf eine im gewöhnlichen
    Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke übliche Bewertungsmethode
    zurückgegriffen werden müssen. Allerdings konnte dies unterbleiben, weil der
    Substanzwert als Mindestwert nicht unterschritten werden darf, und das
    Finanzamt hatte den Substanzwert angesetzt.

Hinweise: Dass der Preis von 400
% des Nominalwertes nicht die tatsächlichen Wertverhältnisse widerspiegelte,
zeigt sich am Missverhältnis gegenüber dem sechs Mal so hohen Substanzwert.

Auch wenn die Kläger das Verfahren verloren haben, hätte der Fall
für sie noch schlechter ausgehen können, wenn das Finanzamt die Bewertung nach
einer im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen
Bewertungsmethode vorgenommen und diese zu einer Bewertung oberhalb des
Substanzwertes geführt hätte.

Quelle: BFH, Urteil vom 25.9.2024 – II R 15/21; NWB

Hauptniederlassung

Hauptstr. 40
26789 Leer

0491 91999-0
0491 91999-30

info@juerrens-kollegen.de

Mo. - Do.:

07:30 - 13:00 Uhr

13:30 - 16:00 Uhr

Fr.:

07:30 - 12:30 Uhr

Zweigniederlassung

Tichelwarfer Str. 51
26826 Weener

04951 91312-0
04951 91312-18

info@juerrens-kollegen.de

Mo. - Do.:

09:00 - 12:30 Uhr

14:00 - 16:00 Uhr

Fr.:

09:00 - 12:30 Uhr

Rechtliches

• Impressum

• Datenschutz