Der Bundesfinanzhof (BFH) hält eine
grenzüberschreitende Betriebsaufspaltung für möglich, bei der ein deutscher
Vermieter ein niederländisches Grundstück an eine niederländische
Kapitalgesellschaft, deren Alleingesellschafter er ist, vermietet. Dies hat zur
Folge, dass der deutsche Vermieter gewerbliche Einkünfte aus der Vermietung und
aus den Dividendenzahlungen erzielt, die nach dem jeweiligen
Doppelbesteuerungsabkommen aber in Deutschland steuerfrei sein
können.
Hintergrund: Von einer
Betriebsaufspaltung spricht man, wenn der Alleingesellschafter einer
Kapitalgesellschaft an diese eine wesentliche Betriebsgrundlage vermietet, z.B.
ein Grundstück. Der Alleingesellschafter erzielt dann keine
Vermietungseinkünfte, sondern gewerbliche Einkünfte, die der Gewerbesteuer
unterliegen.
Sachverhalt: Die Klägerin
war eine gemeinnützige rechtsfähige Stiftung in Deutschland und zugleich auch
Alleingesellschafterin einer niederländischen Kapitalgesellschaft (B.V.). Die
Klägerin verpachtete ab 2012 ein in den Niederlanden gelegenes Grundstück an
die B.V. Noch im Jahr 2012 bezog die Klägerin von der B.V. eine Dividende. Das
Finanzamt ging von einer Betriebsaufspaltung zwischen der Klägerin und der B.V.
aus. Die Pachteinnahmen beließ das Finanzamt aber aufgrund des
Doppelbesteuerungsabkommens mit den Niederlanden steuerfrei, nicht jedoch die
Dividende, die es nach dem deutschen Recht zu 5 % als steuerpflichtig
ansah; nach deutschem Recht bleiben nämlich Dividenden, die eine Körperschaft
von einer Tochter-Kapitalgesellschaft erhält, grundsätzlich zu 95 % steuerfrei.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:
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Zwischen der Klägerin und der
B.V. bestand eine Betriebsaufspaltung, da zwischen beiden Unternehmen eine
sachliche und personelle Verflechtung zu bejahen war. Die personelle
Verflechtung war anzunehmen, weil die Klägerin Alleingesellschafterin der B.V.
war. Die sachliche Verflechtung bestand, weil die Klägerin der B.V. ein
Grundstück und damit eine wesentliche Betriebsgrundlage verpachtet hatte. -
Zwar war die Klägerin
gemeinnützig und damit grundsätzlich steuerbefreit. Die Steuerbefreiung erfasst
aber nicht einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Klägerin, zu dem die
Tätigkeit als Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung gehört. -
Eine Betriebsaufspaltung kann
auch grenzüberschreitend begründet werden, indem ein ausländisches Grundstück
an eine ausländische Kapitalgesellschaft verpachtet wird. Eine
Betriebsaufspaltung und damit gewerbliche Einkünfte des verpachtenden
Besitzunternehmens werden deshalb angenommen, weil hinter beiden Unternehmen,
dem Besitz- sowie dem Betriebsunternehmen, ein einheitlicher geschäftlicher
Betätigungswille besteht. Es gibt keinen Grund, diesen einheitlichen
geschäftlichen Betätigungswillen in Fällen mit Auslandsbezug nicht zu beachten. -
Zwar bleiben die
Pachteinnahmen als gewerbliche Einkünfte nach dem Doppelbesteuerungsabkommen
mit den Niederlanden in Deutschland steuerfrei und werden nur in den
Niederlanden besteuert. Anders ist dies aber bei den Dividenden, die
abkommensrechtlich als Kapitaleinkünfte behandelt werden und deshalb in
Deutschland steuerpflichtig sind, da sie nach dem Doppelbesteuerungsabkommen
mit den Niederlanden am Wohnsitz des Dividendenempfängers besteuert werden,
also in Deutschland. Damit unterlagen sie in Deutschland zu 5 % der
Körperschaft- und Gewerbesteuer.
Hinweise: Bislang war
umstritten, ob eine Betriebsaufspaltung auch grenzüberschreitend begründet
werden kann. Der BFH hat nun diese Frage bejaht.
Zwar führt die grenzüberschreitende
Betriebsaufspaltung grundsätzlich zu gewerblichen Einkünften beim deutschen
Besitzunternehmen; durch die Anwendung des jeweiligen
Doppelbesteuerungsabkommens kann die deutsche Steuerpflicht aber eingeschränkt
sein, weil das Besteuerungsrecht beim anderen Staat besteht.
BFH, Urteil vom 17.11.2020 – I R
72/16; NWB